Hiddink: Sieg wäre Traumergebnis - Stolz auf Özil
Istanbul (dpa) - Für den türkischen Nationaltrainer Guus Hiddink wäre ein Sieg gegen Deutschland ein „Traumergebnis“, seine Spieler loben sogar den verlorenen Sohn Mesut Özil:
In der Türkei ist der Respekt vor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vor dem EM-Qualifikationsspiel am Freitag in Istanbul riesig. „Deutschland ist ein gewaltiger Gegner. Drei Punkte wären ein Traumergebnis. Ein Punkt wäre auch schon sehr gut“, sagte Hiddink auf einer Pressekonferenz. Versöhnliche Töne statt Kampfansagen. In der Zeitung „Habertürk“ hatte der Niederländer die Deutschen sogar zum EM-Favoriten gemacht.
Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein türkischer Amtskollege Mehmet Ali Aydinlar wollten aufgeheizte Stimmung gar nicht erst aufkommen lassen. In einem Freundschaftsgipfel demonstrierten die beiden Verbandsbosse Harmonie. Die türkischen Medien gaben sich deutlich kämpferischer und steckten auch den ehemaligen Bundesliga-Profi Hamit Altintop an. „Der Vernichtungsplan“, schrieb die Sportzeitung „Fanatik“ einen Tag vor dem Spiel über eine mögliche Aufstellung.
Besonders die Deutsch-Türken werden als Trumpfkarten gehandelt. Altintop habe „das Passwort rausgerückt“, um den deutschen Code zu knacken, ergänzte das gleiche Blatt. „Bei uns werden sie erstmals eine Niederlage schmecken. Wir haben die Macht dazu“, wurde der Neuzugang von Real Madrid denn auch zitiert. Neben Altintop stehen im Gastgeber-Kader noch die Deutsch-Türken Ömer Toprak (Bayer Leverkusen), Mehmet Ekici (Werder Bremen), Tunay Torun (Hertha BSC) und Gökhan Töre (Hamburger SV). Bei Toprak kämpft der türkische Verband aber noch um die Freigabe.
Das türkische Team muss gegen die „Panzer“, wie die deutschen Nationalspieler am Bosporus traditionell bezeichnet werden, unbedingt punkten. Schließlich soll im Fernduell um Gruppenplatz zwei Belgien auf Distanz gehalten werden. Vor dem vorletzten Spieltag der Gruppe A hat die Türkei zwei Punkte Vorsprung auf die Belgier. Nach dem Bestechungsskandal in der Süper Lig brennt der türkische Fußball auf positive Schlagzeilen.
Fast beschwörend schreibt die Zeitung „Hürriyet“ vor dem Duell gegen die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB): „Wir glauben, wir werden gewinnen.“ Trainer, Spieler und Medien setzen vor allem auf den Heimvorteil und hoffen, dass die türkischen Fans die mehr als 50 000 Zuschauer fassende, neue Arena im Norden Istanbuls in einen Hexenkessel verwandeln.
Vor allem der türkischstämmige Mesut Özil steht im Blickpunkt. Was sagt er? Wird er spielen? Wird er über ein Tor gegen die Türkei jubeln? Özil, der sich einst für Deutschland entschieden hat, fürchtet im Land seiner Vorfahren die offene Anfeindung. Im Hinspiel in Berlin, das Deutschland 3:0 gewann, wurde er von den türkischen Fans ausgepfiffen. In einer Onlineumfrage meinten am Donnerstag 63 Prozent der Türken, Özil sei mehr Deutscher. 37 Prozent halten ihn noch für einen Türken.
Angst vor Pfiffen der Fans hat der in Deutschland aufgewachsene Sohn türkischer Eltern nach eigener Aussage nicht: „Damit kann ich umgehen. Sie machen mir nichts aus“, sagte Özil in einem Interview des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). In der Stadt habe er bis jetzt keine negativen Erfahrungen gemacht, schilderte der Real-Star die bisherigen Stunden in Istanbul: „Die Leute sind sehr positiv und stolz.“
Unterstützung bekommt er ausgerechnet von seinen türkischen Kollegen. „Wir sind als Türken stolz auf Özil. Er ist ein guter Kerl“, sagte Nationalverteidiger Servet Cetin von Galatasaray Istanbul. Auch Routinier Emre war um Deeskalation bemüht. Özil sei ein toller Fußballer, erklärte er. Ob der so Gelobte überhaupt spielen kann, ist allerdings fraglich.