Alle Großen zur EM - Ronaldo & Co. zittern

Hamburg (dpa) - Alle Fußball-Großmächte haben das EM-Ticket mehr oder weniger souverän gelöst, doch der Zug zur Europameisterschaft nach Polen und in die Ukraine könnte ohne den teuersten Kicker der Welt abfahren.

Während Titelverteidiger Spanien und Deutschland sich als verlustpunktfreie Durchläufer zu EM-Favoriten aufschwangen, muss Portugal mit Superstar Cristiano Ronaldo noch den Umweg über die Relegations-Duelle heil überstehen. Neben den Gastgebern stehen Spanien, Deutschland, Italien, England, Frankreich, die Niederlande, Griechenland, Dänemark, Schweden und Russland als EM-Teilnehmer fest. Die letzten vier Plätze werden am 11./12. und 15. November vergeben.

Der im Sommer 2009 für rund 96 Millionen Euro von Manchester United zu Real Madrid gewechselte Ronaldo zog es nach der 1:2-Pleite in Dänemark vor, zu schweigen. Dafür sprach sein Trainer Klartext. „Wir müssen jetzt den Kopf hochkriegen und vor allem unsere Fehler abstellen“, forderte Paulo Bento für die Relegation. Immerhin: Sein stets hoch gehandeltes Team ist bei der Auslosung am 13. Oktober in Krakau wie Kroatien, Tschechien und Irland gesetzt. Es geht gegen die Türkei, Estland, Bosnien-Herzegowina oder Montenegro.

Die großen Sieger in der EM-Qualifikation waren die Nordlichter: Dänemark zog in Gruppe H durch den verdienten Heimsieg noch an den Portugiesen vorbei, Schweden fügte den Niederlanden mit 3:2 die erste Niederlage im Wettbewerb bei und fährt als bester Gruppenzweiter zur EM. Griechenland tat sich beim 2:1 in Georgien zwar schwer, sicherte sich aber durch späte Tore von Giorgios Fotakis und des Ex-Schalkers Angelos Charisteas den Sieg in der Gruppe F vor Kroatien. Der EM-Champion von 2004 ist unter Rehhagel-Nachfolger Fernando Santos nun 16 Spiele unbesiegt. Russland hatte beim 6:0 über Andorra keine Mühe, in der Gruppe B den ersten Platz vor Irland zu verteidigen.

In Dänemark war vor allem Morten Olsen der gefeierte Mann. Der vom Hamburger SV umworbene Trainer hat ein junges Team aufgebaut, dem man sogar die Nachfolge der EM-Champions von 1992 zutraut. „Olsens Meisterwerk. Wir haben mit Portugal eines der wohl zehn besten Nationalteams der Welt auf Platz zwei verwiesen“, jubelte die Zeitung „B.T.“ nach den Toren von Michael Krohn-Deli und Nicklas Bendtner. Ronaldos Freistoßtor in der Nachspielzeit war toll, kam aber zu spät.

Spieler, Verband und Medien wollen Olsen, der weiter nicht über seine Zukunft spricht, zum Bleiben überreden. „Wir wären ja verrückt, wenn wir ihn nicht behalten wollten. Es wird schwer, einen Dänen zu finden, der besser geeignet für diesen Job ist“, wurde am Mittwoch Verbandsgeneralsekretär Jim Sjerne Hansen im „Ekstra Bladet“ zitiert. „Bleib auf dem Posten!“, forderte „Politiken“. „Die Nationalspieler stehen Schlange, um ihren Trainer in den Himmel zu heben.“ Dazu sagte der Ex-Schalke-Profi und aktuelle dänische Kapitän Christian Poulsen: „Mortens Bedeutung ist gewaltig. Er hat neue Spieler gebracht und dafür gesorgt, dass sie jetzt Haare auf der Brust haben.“

So erfrischend offensiv wie Dänemarks Newcomer-Elf schlug auch ihr skandinavischer Nachbar den WM-Finalisten Niederlande. „Schweden schlug die zweitbeste Fußball-Elf der Welt“, titelte „Aftonbladet“. Kim Källström mit einem Freistoßtor à la Beckham, Sebastian Larsson per Handelfmeter und Ola Toivonen waren die gefeierten Torschützen im Drei-Kronen-Team, das ohne den gesperrten Zlatan Ibrahimovic groß aufzog und nun alle zehn EM oder WM-Qualifikationsspiele ohne den Topstar gewonnen hat. „Das war ein magischer Team-Einsatz. Bis zur EM muss Nationalcoach Erik Hamrén unbedingt klarbekommen, welche Rolle Ibrahimovic für Schweden spielen soll“, meinte „Svenska Dagbladet“.

Zittern bis zur letzten Minute musste hingegen Frankreich. Der einstige Welt- und Europameister benötigte gegen Bosnien-Herzegowina ein umstrittenes Elfmeter-Tor durch Nasri, um den fehlenden Punkt zu sichern. Gut 15 Monate nach dem WM-Fiasko von Südafrika blieb die „Equipe Tricolore“ beim 1:1 zwar zum 15. Mal nacheinander unbesiegt, überzeugte aber nicht immer. Dennoch tönte Abwehrspieler Eric Abidal hinterher: „Nun wollen wir auch die Euro gewinnen.“ Auch wenn acht Monate vor EM-Abpfiff schon ein Dutzend Teams träumen darf, blieb Coach Laurent Blanc realistischer: „Es gibt noch viel zu tun.“ Ronaldo wäre froh, wenn er schon so weit wie Blanc & Co. wäre.