Beckenbauer regt Winter-WM an - Kritik an FIFA

Frankfurt/Main (dpa) - Mit dem revolutionären Vorschlag einer Winter-WM 2022 ist „Kaiser“ Franz Beckenbauer in der Fußball-Bundesliga auf offene Ohren gestoßen, an der Vergabe der Endrunde an Katar ließen die meisten Vereinsvertreter dagegen kein gutes Haar.

Nach der weltweit kritisierten Entscheidung des FIFA-Exekutivkomitees regte Beckenbauer an, das Turnier in zwölf Jahren wegen der gesundheitsgefährdenden Sommerhitze in Katar zeitlich zu verlegen. „Man sollte mal über eine andere Lösung nachdenken. Im Januar/Februar herrschen dort angenehme 25 Grad“, sagte Beckenbauer der „Bild“-Zeitung.

Unterstützung erhielt er umgehend von Liga-Präsident Reinhard Rauball. „Es sollte ab sofort geprüft werden, unter welchen sportlichen Bedingungen eine WM in Katar am besten möglich ist. Für eine WM im Winter wäre eine Veränderung des weltweiten Rahmenterminkalenders nötig. Angesichts des langen zeitlichen Vorlaufs ist dies sicher nicht ausgeschlossen“, erklärte Rauball.

Auch für Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler hätte eine solche Lösung Charme. „Das hört sich vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich an. Aber ich finde das gar nicht so unrealistisch und auch für uns reizvoll. Das würde ja bedeuten, dass die Bundesliga dann im Sommer spielt. Das könnte ich mir gut vorstellen“, sagte Völler bei „LIGA total“.

Beckenbauer, der am bei der Premiere der doppelten WM-Vergabe an Russland (2018) und Katar mitabgestimmt hatte, hält die Umsetzung seiner Idee für relativ einfach. „Die Spielpläne der großen westeuropäischen Ligen müssten verändert werden. Das wäre kein allzu gravierender Einschnitt. Es wäre eine Alternative dazu, Stadien und Fanzonen mit Riesenaufwand zu klimatisieren“, meinte Beckenbauer.

Unterdessen hagelte es aus der Bundesliga massive Kritik an den FIFA-Funktionären, die sich von der erstmaligen WM-Vergabe nach Osteuropa und in den Nahen Osten eine Erschließung neuer Märkte und damit lukrative Milliarden-Einnahmen erhoffen. „Das ist einfach unfassbar“, schimpfte Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen über den Zuschlag für Katar und forderte Konsequenzen für FIFA-Präsident Joseph Blatter und dessen Gefolgsleute: „Man sollte sie alle abwählen.“

Auch Rauball sieht dringenden Bedarf für eine umfassende Reform in der Zentrale des Weltverbandes. Im Magazin „Focus“ kritisierte er vor allem das Prozedere bei der geheimen Abstimmung. „Die Transparenz bei der Entscheidungsfindung ist eindeutig verbesserungsfähig“, sagte der Liga-Präsident. Nur ein Kärtchen aus einem Kuvert zu ziehen, sei nicht zeitgemäß und lade geradezu zu Spekulationen ein. „Den Fußball- Fans muss bei einer Entscheidung klar gemacht werden, warum sich die FIFA für oder gegen ein Land entschieden hat“, forderte Rauball.

Vor allem der Zuschlag für Katar stieß im Fußball-Oberhaus auf Unverständnis. „Im Endeffekt gibt es da keine Fußball-Kultur und auch keine Tradition. Ich weiß nicht, wie sie das - auch bei diesen Temperaturverhältnissen - hinkriegen wollen“, sagte Fredi Bobic, Sportdirektor des VfB Stuttgart.

Harald Strutz, Präsident des FSV Mainz 05 und Vizepräsident des Ligaverbandes, erklärte: „Ich glaube, dass es ein ganz großes Problem sein wird, die Fußball-Fans dafür zu begeistern.“ Und Deutschlands Ehrenspielführer Uwe Seeler mäkelte: „Atmosphäre kann man nicht künstlich herstellen.“