Clásico-Debakel stürzt Real in die Krise

Madrid (dpa) - Die einen fordern die Entlassung von Trainer Rafael Benítez, die anderen den Rücktritt des Vereinspräsidenten Florentino Pérez: Das 0:4-Debakel von Real Madrid im Clásico gegen den FC Barcelona hat die Fans der Königlichen in Aufruhr versetzt.

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Die Niederlage stürzt den spanischen Fußballrekordmeister in eine schwere Krise. „Das Urteil über Benítez ist gefällt“, meinte das Sportblatt „Marca“ am Tag darauf. „Die Frage ist nur, ob der Trainer jetzt bald oder erst zum Ende der Saison entlassen wird.“ Als möglicher Nachfolger ist der frühere Weltklassespieler Zinédine Zidane im Gespräch, der derzeit das B-Team von Real trainiert.

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Die Zuschauer im Bernabéu-Stadion pfiffen die Real-Stars um Cristiano Ronaldo aus, aber bedachten Andrés Iniesta, den Kapitän des Gegners, mit Ovationen. Der Barça-Regisseur hatte nach einem Hackentrick von Neymar in der 53. Minute einen spektakulären Treffer zum 3:0 erzielt, der zugleich eine Vorentscheidung bedeutete. „Iniesta gehört zum Weltkulturerbe“, lobte Trainer Luis Enrique den Schützen.

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Zuletzt hatte es vor zehn Jahren im Bernabéu-Stadion Beifall für einen Spieler des Erzrivalen gegeben. Der Applaus galt damals dem Brasilianer Ronaldinho, der Barça zu einem 3:0-Sieg geführt hatte. In jener Partie im November 2005 bestritt Lionel Messi mit 18 Jahren seinen ersten Clásico. Der Argentinier feierte nun am Samstagabend nach einer knapp zweimonatigen Verletzungspause sein Comeback. Er stand in seinem 31. Clásico allerdings noch nicht wieder in der Startelf, sondern wurde in der 56. Minute eingewechselt, als das Spiel praktisch entscheiden war.

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Die Real-Anhänger empfanden die 0:4-Blamage ihrer Elf als eine tiefe Demütigung. Ihre Wut richtete sich nicht nur gegen Trainer Benítez, sondern auch gegen den Clubchef. Mit Sprechchören „Florentino dimisión“ verlangten sie den Rücktritt des Real-Präsidenten. Um die Rufe zu übertönen, ließ Real nach dem Abpfiff über die Lautsprecheranlage die Vereinshymne abspielen.

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Die Königlichen wurden von Barça regelrecht vorgeführt und zeigten keine entschlossene Gegenwehr. Manche Zuschauer hatten den Eindruck, als spielten Ronaldo und Co. gegen ihren Trainer. „Auf dem Platz gingen sehr seltsame Dinge vor sich“, konstatierte Ex-Coach Radomir Antic, der bei beiden Clubs unter Vertrag gestanden hatte. „Messi hatte in seinem halbstündigen Einsatz mehr Ballkontakte als Ronaldo in den letzten drei Spielen zusammen.“ Das Sportblatt „Marca“ sah Barça in der Rolle eines Toreros, der gegen ein zahmes Rind ankämpft.

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Luka Modric, einer der Besten im Real-Team, ging mit seinen Teamkameraden hart ins Gericht. „Wir haben nicht als Mannschaft gespielt, und das war nicht das erste Mal“, beklagte der Kroate. Benítez, der zu Saisonbeginn den entlassenen Carlo Ancelotti abgelöst hatte, räumte Fehler ein, sah sich aber nicht als der Alleinschuldige. „Wir wollten Barça in der eigenen Hälfte unter Druck setzen, aber das haben die Spieler nicht immer getan.“

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Dabei hatte der Trainer, dem bislang eine übertriebene Defensivtaktik vorgehalten worden war, im Clásico genau das getan, was von ihm verlangt wurde: Er bot in Ronaldo, Gareth Bale, Karim Benzema und James Rodríguez vier Angreifer auf, wurde aber für den „Verrat“ am eigenen Konzept hart bestraft. Nach einer Bilderbuch-Kombination über 40 Stationen, an der alle Barça-Feldspieler beteiligt waren, brachte Luis Suárez die Katalanen schon nach zehn Minuten in Führung. Neymar (38.) erhöhte auf 2:0, Suárez (73.) setzte nach dem Iniesta-Tor mit seinem zweiten Treffer den Schlusspunkt.

Gerard Piqué hätte gerne noch das 5:0 erzielt und damit den historischen Kantersieg egalisiert, den Barça 1974 mit Johan Cruyff errungen hatte. Der Abwehrchef ärgerte sich, dass der vor ihm postierte Munir in der 83. Minute eine gute Chance vergab. „Das nächste Mal überlässt Du mir den Ball, abgemacht?“, witzelte Piqué auf Twitter. Für ihn, der von den Real-Fans regelmäßig ausgepfiffen wird, wäre ein Tor gegen den Rivalen auch eine persönliche Genugtuung gewesen. „Pfiffe im Bernabéu-Stadion sind eine Symphonie in meinen Ohren“, hatte er mal gesagt.

Aufgrund der Terrorgefahr hatte die Polizei drei Sicherheitsringe um das Stadion gezogen und besonders strenge Kontrollen vorgenommen. Der Clásico verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle. „Das Publikum hat sich vorbildlich verhalten“, bescheinigte Innenminister Jorge Fernández Díaz den Stadion-Besuchern.