Frankreich liegt den Wunder-Doggen zu Füßen

Paris (dpa) - Frankreichs grauer Norden ist dank des Fußballs im Partyrausch: Der OSC Lille beendete eine Titel-Durststrecke von 56 Jahren gleich mit einem Double.

Nur eine Woche nach dem Gewinn des Pokals sicherte sich das Team aus dem früheren Kohlerevier durch ein 2:2 bei Paris St. Germain auch den Titel des französischen Meisters. „Das ist magisch, das ist magisch“, stammelte Nationalelf-Verteidiger Adil Rami nach dem Abpfiff im Prinzenpark.

Eine Runde vor Saisonschluss führt der OSC mit sechs Punkten Vorsprung uneinholbar vor Titelverteidiger Olympique Marseille. Es ist das erste Double der Lillois nach 1946 sowie der dritte Ligagewinn nach 1946 und 1954. 1955 hatten die „Doggen“, wie die Spieler in den rot-weißen Trikots wegen des Kampfgeistes früherer Kumpel-Generationen noch heute genannt werden, mit dem Pokal die letzte Trophäe geholt. „Unumstößlich“, titelte am Sonntag riesengroß auf Seite eins die Sportzeitung „L'Équipe“.

Vor 40 000 Zuschauern war Lille in Paris durch Ludovic Obraniak (5.) und den Senegalesen Moussa Sow (60.), der mit 22 Treffern Torschützenkönig wurde, zweimal in Führung gegangen. Guillaume Hoarau (45.) und Mathieu Bodmer (72.) gelang jeweils noch der Ausgleich für den Tabellenvierten der Ligue. Am Ende jubelten aber die Gäste: „Schön, herrlich, grandios, fabelhaft, historisch, ach, mir fehlen die Worte“, schrie der Pole Obraniak in die Mikrofone.

Frankreich liegt nun den so oft verpönten Nordländern der Region Nord-Pas-de-Calais, die 2008 durch den Kino-Superhit „Willkommen bei den Sch'tis“ in ganz Europa berühmt wurden, zu Füßen. „Lille ist König von Frankreich“, schrieb das Fachmagazin „France Football“ in der Onlineausgabe. Und sogar Premierminister François Fillon gratulierte: Lilles Sportsgeist habe den „Fußballwerten und auch der Großzügigkeit des Nordens Ehre gemacht“, teilte er mit.

Wie nach dem Pokalsieg vor einer Woche stürmten in Lille wieder Zehntausende kurz vor Mitternacht jubelnd auf die Straßen. Die Massen sangen und tanzten, schwenkten Fahnen und zündeten Leuchtraketen. Es gab Autohupkonzerte, und viele sprangen trotz kühler Temperaturen von unter zehn Grad in den Brunnen des Grand Place. Auch Bürgermeisterin Martine Aubry war aus dem Häuschen: „Ein Traum ist wahr geworden, dieser Erfolg läßt uns die WM (das Fiasko der Nationalmannschaft 2010 in Südafrika) vergessen“, erklärte sie.

Zusammen mit Aubry präsentierten die Stars am Sonntag im offenen Bus den Fans die lang ersehnte Trophäe. Die neuen Champions, die mit attraktivem Fußball auch die gegnerischen Fans begeisterten und von Medien zum „Barcelona Frankreichs“ getauft wurden, werden sicher viele Angebote bekommen. Allen voran das junge belgische Supertalent Eden Hazard (20). Aber auch Sow, Elfenbeinküste-Stürmer Gervinho (23), Nationalspieler Yohan Cabayé (24), Teamkapitän Rio Mavuba (25) und andere werden schwer zu halten sein. Ramis Wechsel nach Valencia für fünf Millionen Euro ist schon seit vielen Monaten perfekt.