Italien fühlt sich an Jahrhundertspiel erinnert

Recife (dpa) - Das war großes Kino. Und auch wenn es nur ein Gruppenspiel beim Confed Cup war, erinnerte Alberto Zaccheroni das Fußball-Spektakel seiner traurigen Japaner gegen mehr als glücklich siegende Italiener an eine der größten Partien in der WM-Geschichte.

„Als Italiener denke ich da zurück an 1970, als Italien gegen Deutschland 4:3 gewann“, sagte Zaccheroni nach dem verrückten und dramatischen 4:3 (1:2) der Azzurri, die damit neben Gastgeber Brasilien im Halbfinale der WM-Generalprobe für 2014 stehen.

Vor 43 Jahren bejubelte der 17-jährige Zaccheroni als Tifoso Italiens Sieg nach Verlängerung im sogenannten Jahrhundertspiel. Am Mittwochabend in Recife fühlte sich Japans Coach eher wie Franz Beckenbauer, Uwe Seeler oder Gerd Müller am 17. Juni 1970 nach dem verlorenen WM-Halbfinale im Aztekenstadion von Mexiko-Stadt. „Das Ergebnis meinte es nicht gut mit uns“, haderte Zaccheroni.

Sieben Tore, zwei Elfmeter, dreimal Pfosten oder Latte, ein Eigentor und ein zu früh bejubelter 4:4-Ausgleich in der 89. Minute, der wegen Abseits nicht anerkannt werden konnte - mehr Unterhaltung ging nicht vor 40 425 begeisterten Fans in der Arena Pernambuco. „Verrücktes Italien“, titelte die „Gazzetta dello Sport“ am Donnerstag und erinnerte auch an das „legendäre Spiel gegen Deutschland“. „Wahnsinn! Ein unglaubliches 4:3“, schrieb „Tuttosport“.

„Um ehrlich zu sein: Ich hoffe, ich erlebe so etwas nicht wieder“, gestand Italiens Coach Cesare Prandelli fix und fertig. Den Sieg habe man „nicht verdient“. Er habe viel „gelitten“ am Spielfeldrand. „Das waren mehrere Spiele in einem Spiel“, resümierte Prandelli.

In der Tat: Die vom Ex-Dortmunder Shinji Kagawa angetriebenen Japaner spielten die müden Italiener anfangs schwindlig und gingen lautstark angefeuert von den Zuschauern durch Keisuke Honda (21./Foulelfmeter) und Kagawa (33.) in Führung. Dann begann der Wahnsinn: Daniele De Rossi (41.), der Schalker Atsuto Ushida (50./Eigentor) und Mario Balotelli (52.) mit einem unberechtigten Handelfmeter verwandelten das 0:2 in ein 3:2 für den Favoriten.

Aber Japan zeigte an diesem Abend „Charakter“, wie Zaccheroni stolz feststellte. Shinji Okazaki glich per Kopf aus (69.). Danach schoss der brandgefährliche Stuttgarter an den Pfosten, Kagawa köpfte den Abpraller an die Latte (82.) - und Sebastian Giovinco bestrafte Japans Chancenverschwendung mit dem Siegtor (86.). „Der Unterschied war: Italien hat seine wenigen Möglichkeiten genützt“, erklärte Kagawa enttäuscht. Die Auszeichnung als „Man of the Match“ war kein Trost für ihn, die Trophäe hätte er fast auf dem Podium vergessen.

Italien ist weiter, Japan ist raus: „Wir müssen bis zur WM die Lücke zu den großen Nationen schließen. Wenn du gegen Teams wie Italien oder Brasilien spielst, wird jeder Fehler bestraft“, sagte Zaccheroni, der nach dem „Spiel gegen Freunde“ wieder Patriot sein konnte: „Ich hoffe, Italien gewinnt jetzt den Confed Cup.“

Dafür wird ein Kraftakt nötig sein. Prandelli klagte über den engen Zeitplan des Turniers. Japan hatte einen Tag mehr zur Erholung, das habe man auf dem Platz sehen können. „Man sollte den Spielplan überdenken, mehr Ruhetage haben“, ermahnte der 55-Jährige die FIFA.

Schon am Samstag muss der EM-Zweite wieder in Salvador gegen Brasilien antreten. Es geht zwar „nur“ noch um den Gruppensieg, wofür dem Gastgeber schon ein Remis reicht. „Aber es ist ein wichtiges Spiel, dass wir nicht unterschätzen können“, sagte Prandelli wegen des Prestiges. 1970 hatten übrigens erschöpfte Italiener in der Höhenluft von Mexiko nach dem 4:3-Sieg gegen Deutschland das WM-Finale gegen Brasilien mit Superstar Pelé klar mit 1:4 verloren.