Kein Torschuss, kein Erfolg: Spanien in Sorge
Paris (dpa) - Nach dem missglückten Neuanfang bereitet selbst der Weltranglisten-76. Mazedonien den einst stolzen Spaniern Sorgen. Der entthronte Fußball-Weltmeister kassierte auch im ersten Spiel nach der völlig verkorksten WM mit dem Aus in der Vorrunde eine Niederlage.
Aber nicht nur das! Die Mannschaft von Trainer Vicente del Bosque verzeichnete beim 0:1 gegen WM-Viertelfinalist Frankreich in Paris nicht mal einen Schuss aufs Tor. „Geduld? Nein, nein. Schon in vier Tagen geht es ja um die Punkte“, sagte del Bosque die Frage, ob er die Fans in Spanien angesichts der Team-Umstrukturierung um eben diese Geduld bitten wolle.
Das übernahm für ihn Kollege Didier Deschamps. „Del Bosque ist ein toller Trainer, aber kein Magier. Ein Wiederaufbau braucht Zeit“, sagte der Coach der Franzosen - auch aus eigener Erfahrung. Mit der Équipe Tricolore benötigte der Weltmeister von 1998 zwei Jahre, um ein gutes Team zu formen und die Affären samt Trainingsstreik bei der WM 2010 vergessen zu machen. In Brasilien zeigten die Franzosen bereits starke Ansätze und scheiterten erst am späteren Weltmeister Deutschland. Gegen Spanien setzte der kommende EM-Gastgeber seinen positiven Trend fort.
Zum Leidwesen der ehemals so erfolgsverwöhnten Iberer, für die am Montag die Mission EM-Titelverteidigung mit der Qualifikationspartie gegen die Mazedonier beginnt. Das Urteil der spanischen Zeitungen fiel nach der Generalprobe äußerst ernüchternd aus. „Ein Team ohne Schießpulver“, schrieb „El País“. „Auf Spanien kommen harte Zeiten zu“, prophezeite „El Mundo“. Trotz spielerischer Überlegenheit ging von den Gästen in Paris so gut wie keine Gefahr aus. Sturmtank Diego Costa, auf Vereinsebene am laufenden Band erfolgreich, gelang auch bei seinem fünften Länderspiel kein Tor.
Für Spanien war es nach den WM-Schlappen gegen die Niederlande (1:5) und Chile (0:2) bereits die dritte Niederlage in vier Spielen. Bei seiner von Medien als „Revolution“ bezeichneten Umstrukturierung setzt del Bosque weiter auf den alten Tiki-Taka, nach dem Rücktritt von Xabi und FC-Bayern-Profi Xabi Alonso sowie einigen Ausmusterungen aber auch auf neue Namen. Gegen Spanien gab es in der Startelf in Mikel San José, Dani Carvajal und Raul Garcia drei Debütanten, in Paco Alcacer wurde ein vierter eingewechselt. Ohne große Wirkung.
Im Gegensatz zu den Franzosen. Ohne den aus der Nationalmannschaft zurückgetretenen Bayern-Profi Franck Ribéry, der die WM wegen Verletzung verpasst hatte, boten „Les Bleus“ im Stade de France vor 75 000 wieder eine Klasse-Vorstellung. „Diese Blauen bereiten Spaß“, titelte „L'Équipe“ nach dem ersten Sieg über Spanien seit 2006.
Die praktisch in WM-Besetzung angetretenen Hausherren waren zumeist auf Konter bedacht, kamen hinten aber dank der physisch und taktisch überragenden Raphael Varane, Mamadou Sakho, Paul Pogba und Blaise Matuidi nie in Verlegenheit. Den einzigen Treffer der Partie erzielte Loic Remy (73.).
Auch Trainer Deschamps war zufrieden. „Das war schon nicht schlecht. Abheben werden die Jungs aber nicht“, sagte er. Deschamps peilt mit dem Gastgeber der EURO 2016 einen Rekord an: Mit bisher 26 Treffern im laufenden Jahr ist man der Bestmarke von 2006 (30) bei vier noch ausstehenden Tests sehr nahe. Von derartigen Bestmarken können die Spanier derzeit nur träumen. Ihre Realität heißt erstmal Mazedonien.