Maracanã-Prolog mit Hindernissen: Noch viel zu tun
Rio de Janeiro (dpa) - „Under Construction“ - Ein Schild über einem Seiteneingang des Maracanã brachte auf den Punkt, was das 2:2 (0:0) der brasilianischen Nationalmannschaft gegen England im Eröffnungsspiel der legendären Arena auch sportlich offenbart hatte.
Im Land des fünfmaligen Fußball-Weltmeisters gibt es zwei Wochen vor dem Beginn des Confederations Cup (15. bis 30. Juni) noch viel zu tun. Sowohl das wiedereröffnete Stadion als auch die Seleção wirkten am Sonntag unfertig, was nicht nur daran lag, dass im Außenbereich der Arena noch immer gebaut wird.
„Was das Maracanã betrifft, kann ich nicht beurteilen, ob es den Ansprüchen heute genügt hat. Dazu habe ich davon zu wenig gesehen. Bei meiner Mannschaft aber ist es klar, die war nur in der ersten Hälfte exzellent“, resümierte Brasiliens Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari nach dem durchwachsenen Auftritt seiner Mannschaft im Testlauf.
Immerhin: Das Spiel fand statt, was nach dem Possenspiel im Vorfeld schon ein Erfolg war. Schließlich hatte eine Richterin zwei Tage vor der Eröffnung des komplettsanierten Baus die Austragung wegen möglicher Sicherheitsmängel zunächst untersagt, ehe diese Entscheidung wieder revidiert worden war.
Von einem reibungslosen Ablauf der Einweihungsfeier im für eine Milliarde Reais (360 Millionen Euro) sanierten Fußballmonument waren die Brasilianer aber noch weit entfernt. Jene Zuschauer, die es trotz chaotischer Bedingungen bei den Einlasskontrollen auf die ausverkauften, aber nicht voll besetzten Tribünen geschafft hatten, bedachten die Mannschaft schon zur Halbzeit mit wütenden Pfiffen.
Denn trotz drückender Überlegenheit und einem starken Neymar stand es nur 0:0. Ein Ergebnis, für das sich vor allem Englands Torwart Joe Hart rühmen durfte. Der Keeper von Manchester City hatte den künftigen Offensivartisten des FC Barcelona nahezu alleine an einem Tor gehindert. „England hat heute aus sieben Torschüssen zwei Treffer gemacht, während wir für zwei Treffer 30 Torschüsse gebraucht haben“, bemängelte Scolari die schwache Chancenausbeute. Anders als bei seinem Amtsantritt in Wembley hatte der Weltmeister-Trainer von 2002 Bayern Münchens Innenverteidiger Dante auf der Bank gelassen, dafür aber Teamkollege Luiz Gustavo aufgeboten. Doch wie bei der 1:2-Niederlage im Februar zeigte die Seleção auch diesmal viel individuelle, aber wenig kollektive Genialität.
Je länger das erste Tor auf sich wartenließ, desto verunsicherter zeigte sich die Mannschaft. Zehn Minuten nach dem Führungstreffer durch Stürmer Fred (57. Minute), traf Alex Oxlade-Chamberlain schließlich für die bis dahin extrem angriffsschwachen Engländer (67.) zum Ausgleich. Als Wayne Rooney die „Three Lions“ gar in Führung brachte (79.), verstummten die knapp 70 000 Zuschauer und setzten erst wieder ein, als Paulinho für den 2:2-Endstand sorgte (82.). „Wir wollten heute ein großes Fest feiern, das ist uns nicht ganz gelungen. Die Leute haben erwartet, dass wir gewinnen, daher kann ich verstehen, dass sie unzufrieden waren“, kommentierte Scolari die mäßige Stimmung in der Arena.
Ein durchweg positives Fazit zog einzig Roy Hodgson. „Es hat etwas gedauert, bis wir gezeigt haben, was wir können, aber dann haben wir den Fußball geboten, den ich mir vorstelle. Wenn wir so weiterspielen, dann sind wir 2014 ganz sicher wieder hier“, sagte Englands Teammanager mit Blick auf die noch längst nicht gesicherte WM-Qualifikation. In der Gruppe H stehen die Engländer aktuell nur auf Platz 2 hinter Montenegro. Ob es die Brasilianer tröstet, dass zumindest ihr Premierengast gerne wiederkommen will, ist allerdings fraglich. Alles andere als eine eigene Rückkehr ins Maracanã zum Finale des Confederations Cups am 30. Juni wäre für ganz Brasilien eine riesige Enttäuschung.