Mourinho rastet aus und greift die UEFA an

Madrid (dpa) - Lionel Messis Zaubertore raubten dem tobenden José Mourinho auch den letzten Nerv: Mit giftigen Attacken auf die UEFA, Referee Wolfgang Stark und Trainerkollege Josep Guardiola hat Real Madrids Starcoach für einen neuen Skandal gesorgt.

Für die verdiente 0:2-Schlappe im Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen den FC Barcelona machte der frustrierte Portugiese nicht etwa den brillanten Doppeltorschützen Messi, sondern eine angebliche Verschwörung gegen die „Königlichen“ auf höchster Ebene verantwortlich. „Wenn ich dem Schiedsrichter und der UEFA sagen würde, was ich denke, wäre meine Karriere sofort beendet“, wetterte der 48-Jährige.

„Manchmal ekelt es mich an, in dieser Welt zu leben“, ergänzte Mourinho. Für das Rückspiel dürfte er nach seiner Verbannung auf die Tribüne ohnehin gesperrt werden, wegen seiner verbalen Ausfalle droht ihm nun aber noch eine härtere Strafe der Europäischen Fußball-Union. Die UEFA eröffnete ein Disziplinarverfahren gegen den Wiederholungstäter und gegen beide Clubs. Der FC Barcelona schaltete umgehend seine Rechtsabteilung ein und prüft eine Klage gegen den Portugiesen.

Die UEFA ermittelt nach Angaben auf ihrer Internetseite unter anderem gegen Mourinho wegen des Verweises auf die Tribüne und der Äußerungen nach der Partie. Gegen Barça wird wegen der Roten Karte für Ersatztorwart José Pinto ermittelt. Am 6. Mai wird der Fall bei der UEFA im schweizerischen Nyon verhandelt.

Für das drohende Aus des Vereins von Mesut Özil und Sami Khedira in der Königsklasse machte Mourinho Stark als Mitschuldigen aus. Der Schiedsrichter hatte in der 61. Minute Reals Verteidiger Pepe nach einem rüden Foul an Dani Alves die Rote Karte gezeigt.

„Warum hat er das getan? Das Spiel war doch ausgeglichen. Es ist absolut unfassbar“, kritisierte Mourinho. Von den Rängen hagelte es Schimpftiraden gegen den Deutschen, zumal Weltfußballer Messi in Überzahl mit seinen Treffern in der 76. und 87. Minute das Halbfinale wohl schon entschied.

Auch die Madrider Sportpresse machte den 41 Jahre alten Bankkaufmann aus Ergolding zur Hassfigur. Stark sei der „schlechteste Schiedsrichter der Bundesliga“, meinte am Donnerstag „Marca“, das Konkurrenzblatt „As“ nannte ihn „das Ungeheuer der Real-Fans“. Dagegen lobte DFB-Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel seinen Landsmann in höchsten Tönen. „Ich bin begeistert. Er hat das großartig gemacht. Ich bin stolz auf seine Leistung“, urteilte Fandel.

Doch Mourinho war nicht zu bremsen. Er deutete an, der FC Barcelona sei in der Lage, Spiele zu seinen Gunsten manipulieren zu lassen. „Sie haben diese Macht“, versicherte der Coach. Dies könne daran liegen, dass die Katalanen das UN-Kinderhilfswerk Unicef unterstützten, einen guten Draht zum spanischen UEFA-Vize Angel María Villar hätten „oder einfach sympathischer“ seien. Mourinho fuhr auch Barça-Trainer Josep Guardiola an: „Ich würde mich schämen, so zu gewinnen.“ Schon dessen Champions-League-Titel 2009 sei bloß auf Begünstigungen durch die Schiedsrichter zurückzuführen gewesen.

Selbst in der Madrider Presse erntete Mourinho für diese Verschwörungstheorie jedoch Kritik. „Er kann nicht anders, als Gott oder Märtyrer zu sein. Dabei ist er nur ein Trainer“, befand „El Mundo“. Dass Real im dritten „Clásico“ gegen den Erzrivalen nacheinander so schwach wie selten spielte, ließ Mourinho unerwähnt. Selbst Cristiano Ronaldo klagte über die unansehnliche Defensivtaktik: „Ich mag diesen Stil nicht, aber so ist es eben.“

Auch Erfolgsgarant Özil blieb so blass, dass er zur Halbzeit ausgewechselt wurde. Sein Nationalmannschaftskollege Khedira fehlte verletzungsbedingt. Den Ballbesitz hatten zu 74 Prozent die Katalanen, die nun so gut wie sicher im Finale stehen.

„Wir sind schon ausgeschieden“, räumte Mourinho vor dem Rückspiel am kommenden Dienstag in Barcelona ein. Sein Gegenüber Josep Guardiola ging auf die Hasstiraden seines Kollegen nicht ein. „Ich behalte meine Meinung für mich und sage lieber gar nichts“, meinte er. Gewonnen habe jedenfalls die bessere Mannschaft: „Real Madrid hatte keine Chance.“