Paris will Ligatitel nur als „Vorspeise“
Paris (dpa) - Frankreichs Fußball kapituliert vor den Öl-Dollars. Das Unternehmen Titelverteidigung beginnt für den von Scheichs aus Katar geführten FC Paris Saint-Germain zwar erst am Freitag beim HSC Montpellier - doch die Konkurrenz scheint bereits das Handtuch geworfen zu haben.
„Die werden mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit Meister“, sagte Olympique-Lyon-Präsident Jean-Michel Aulas, dessen Club in der abgelaufenen Saison Dritter wurde und zwischen 2002 und 2008 acht Mal in Folge die Liga gewann.
Der stets bescheidene Neu-Trainer von Paris, Laurent Blanc, versucht es gar nicht erst mit Tiefstapelei. „Ein zweiter Platz käme einer Pleite gleich“, räumte der 47-Jährige im Interview der Zeitung „Le Parisien“ (Donnerstag) unumwunden ein. Worum es diese Saison wirklich geht, ließ „Le Président“ durchblicken: In der europäischen Königsklasse den FC Bayern München zu entthronen. „Wir haben das Potenzial, die Champions League zu gewinnen“, so Blanc.
Der Club mit dem „Riesenappetit“ („L'Équipe“) will den vierten Liga-Titel nach 1986, 1994 und 2013 nur als „Vorspeise“ gewinnen. Das Starensemble um Ligue-1-Torjäger Zlatan Ibrahimovic (30 Treffer) und Brasiliens Abwehrrecken Thiago Silva wurde im Sommer noch um einiges verstärkt. Beim Rekordtransfer der französischen Liga wurde der uruguayische Serie-A-Torschützenkönig Edinson Cavani vom SSC Neapel für 64 Millionen Euro geholt. Zudem sicherte man sich für 35 Millionen die Dienste des brasilianischen Abwehr-Talents Marquinhos von AS Rom. „Mit Ibra und Cavani hat PSG den besten Sturm der Welt“, meint Ex-PSG-Sportdirektor Leonardo, der wegen einer Schiriattacke und langer Sperre im Sommer sein Amt zur Verfügung stellte.
Kein Wunder, dass bei einer Umfrage von „Le Parisien“ zwei von drei Lesern am Donnerstag auf PSG als Meister tippten. Auf Verfolger AS Monaco entfielen nur zehn Prozent der Stimmen. Dabei hat der Clubboss des Aufsteigers, der russische „Dünger-König“ Dmitri Ribolowlew, im Sommer heftig mit dem Scheckheft gewedelt und für insgesamt 146 Millionen erstklassige und erfahrene Fußballer wie Radamel Falcao, Joao Moutinho, James Rodríguez, Eric Abidal, Jérémy Toulalan und Ricardo Carvalho ins Fürstentum gelockt. Aber Trainer Claudio Ranieri beteuert: „Es ist zu früh, um mit PSG mithalten zu wollen, auch Lyon und Olympique Marseille haben bessere Teams.“
Vizechamp Marseille belegt in der Rangliste der ausgabefreudigsten Clubs Platz drei hinter Monaco und Paris (114 Millionen). Für 22 Millionen konnten unter anderem der Nationalelf-Mittelfeldmann Dimitri Payet und die belgische Hoffnung Gianni Imbula angeheuert werden. Doch Trainer Élie Baup zeigt sich realistisch-resignierend: „Es ist nicht so, dass wir mit Pfeil und Bogen gegen Bazookas und Atomwaffen kämpfen, aber wir müssen Platz drei anvisieren“.
Was soll dann Lyon-Kollege Rémi Garde sagen? Präsident Aulas, der selbst ernannte Vorkämpfer des finanziellen Fairplays, ließ am Stade de Gerland teure Profis wie Anthony Réveillère und Lisandro López gehen und gab nur 800 000 Euro für Linksaußen Gaël Danic aus. Selbst wenn Monaco (130 Millionen), Marseille (125) und Lyon (121) ihre Jahresetats für 2013/14 zusammenlegten, würden sie hinter PSG (400 Millionen) deutlich hinterherhinken.
Neben Monaco und den beiden Olympiques können sich Pokalsieger Girondins Bordeaux, Ligapokal-Sieger und Rekordmeister AS Saint-Etienne (zehn Titel), Paris' Debüt-Gegner und 2012-Meister HSC Montpellier, der OSC Lille und der OGC Nizza Hoffnungen auf die vorderen Plätze machen. Mehr scheint nicht drin zu sein. Aber Blanc traut der Theorie nicht ganz. Deshalb warnte er seine Spieler dieser Tage: „Gegen uns werden alle gewinnen wollen.“