Präsidenten-Treff in Petersburg von Putin & Blatter
St. Petersburg (dpa) - Es ist ein Wochenende ganz nach dem Geschmack von Wladimir Putin. Bevor Russlands Präsident am Sonntag zum Ehrentag der Marine die Parade der Kriegsschiffe im Ostseehafen von Kaliningrad abnimmt, kann er sich erneut als Gastgeber der großen glitzernden Sportwelt präsentieren.
Im prunkvollen Konstantinpalast der früheren Zarenmetropole St. Petersburg nimmt sich der Fußball am Samstag bei der Auslosung der WM-Qualifikationsgruppen eine Auszeit von allen Skandalschlagzeilen.
„Er wird an der Zeremonie teilnehmen“, lautet das schmale Statement des Kreml zum Auftritt Putins bei der Fußball-Gala mit Größen wie Ronaldo, Samuel Eto'o und Oliver Bierhoff als Los-Assistenten. Putin wird die Begrüßungsrede halten, teilten die Organisatoren am Mittwoch mit, mehr wird über den präsidialen Auftritt bei der 120-Minuten-Show nicht verraten.
Noch wichtiger: Putin wird auch FIFA-Chef Joseph Blatter treffen, der nach den Festnahmen von sieben Fußball-Funktionären im Mai in Zürich erstmals wieder auf eine Dienstreise ins Ausland geht - und bereits an diesem Donnerstag in St. Petersburg erwartet wird. Bei der Auslosung soll Blatter nach Putin einige Worte an die Fußball-Welt richten. Über seinen Terminkalender bis zur Show schwieg sich die FIFA aus.
Putin und Blatter haben an ihrer gegenseitigen Hochachtung nie einen Zweifel gelassen. In Russland kann sich der umstrittene Schweizer, der wegen eines „Reise-Risikos“ geplante Besuche bei FIFA-Turnieren in Neuseeland und Kanada sowie der kommenden IOC-Vollversammlung in Malaysia absagte, sicher und unter Freunden fühlen.
Die Reise ins WM-Gastgeberland stand nie auf der Kippe. Fast schien es in den vergangenen Wochen, als würden sich Putin und Blatter als mediale Zielscheiben der westlichen Welt wie Schicksalsgefährten fühlen. Der kleine, aber entscheidende Unterschied: Blatter gibt sein Amt am 26. Februar 2016 auf. „Der Druck war zu groß“, sagt der 79-Jährige. Putins Regentschaft steht im eigenen Reich außer Frage.
Der Termin in seiner Heimatstadt St. Petersburg war für Putin fest gebucht. Die WM ist das Prestigeobjekt, aller Kritik aus der alten Fußball-Welt zum Trotz. Längst gilt er als einer der einflussreichsten Sportpolitiker. Kaum eine russische Bewerbung für ein wichtiges Turnier, die unter seiner Führung nicht erfolgreich gewesen wäre. Dazu zählen die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, das Formel-1-Rennen ebendort sowie die am Freitag beginnende Schwimm-WM in Kasan oder die Eishockey-WM 2016 in Moskau und St. Petersburg. Und 2018 eben die Fußball-Weltmeisterschaft.
Schöne Bilder feiernder Athleten und fröhlicher Zuschauer sollen das angekratzte Bild Russlands verbessern. Dabei scheut Putin weder Kosten noch Mühen. Zur Olympia-Vergabe reiste er 2007 ins rund 11 000 Kilometer entfernte Guatemala, sprach damals sogar Englisch und ein paar Brocken Französisch, obwohl dem Ex-KGB-Offizier mit langer Dresden-Erfahrung eigentlich Deutsch mehr liegt. Kurz nach der WM-Vergabe im Dezember 2010 zeigte er sich triumphierend in Zürich.
Mit der Fußball-WM will Putin ungeachtet von Korruptionsvorwürfen vor allem auch Investoren anspornen, auf Russlands Zukunft zu setzen. Regierungsgegner kritisieren die Sportveranstaltungen zwar als Ein-Mann-Show des Präsidenten. Der Kreml verweist aber darauf, dass etliche Arbeitsplätze geschaffen würden und Straßen, Bahngleise und Flughäfen endlich die dringend notwendige Renovierung erhielten.
Tatsächlich wird in allen elf WM-Städten von Kaliningrad bis Jekaterinburg mächtig gebuddelt. Gerade im russischen Bausektor erreicht die notorische Vetternwirtschaft aber Spitzenwerte, wie auch die Ratingagentur Standard & Poor's in einer Analyse kritisiert.
Auf die Vergabe der WM hatten Sportfunktionäre und einfache Bürger im größten Land der Erde mit patriotischer Begeisterung reagiert. Abgeordnete der Staatsduma sprachen von der „endgültigen Wiedergeburt der Sportweltmacht Russland“. In jeder Stadt weisen Werbeplakate schon jetzt auf das Turnier vom 14. Juni bis 15. Juli 2018 hin. Eine Aberkennung der Gastgeberrolle wie im Westen gefordert? Undenkbar!
Die politische Marschrichtung hatte in den vergangenen Jahren Putin vorgegeben, eigentlich leidenschaftlicher Wintersportler. „Ich habe nie daran gezweifelt, dass unsere Bewerbung Erfolg haben wird“, erklärte er nach dem Triumph von Zürich. Auch Blatter soll seine Stimme damals den Russen gegeben haben.
Putin betont immer wieder, dass er keinen Boykott aus politischen Gründen fürchtet. Auch aus Deutschland gibt es aber Forderungen, Russland wegen seiner umstrittenen Politik im Ukraine-Konflikt die WM zu entziehen. „Die FIFA hat schon gesagt, dass Fußball und Sport insgesamt außerhalb der Politik stehen. Und ich denke, dass das der einzig richtige Weg ist“, sagt Putin, dessen Sportminister Witali Mutko im FIFA-Exekutivkomitee sitzt und Blatter regelmäßig trifft.
Das nächste ehrgeizige Ziel des Kremlchefs ist längst gesteckt: Die Touristenmetropole St. Petersburg erwägt eine Bewerbung für die Olympischen Spiele. Die Show im Konstantinpalast kommt gerade recht.