Schweiz entzaubert Brasilien - Hitzfeld: „Schöner Sieg“

Basel/Leipzig (dpa) - Erst Spanien, dann Deutschland, nun Brasilien - unter Trainer Ottmar Hitzfeld haben die Schweizer ihr Image als biederer Fußball-Zwerg abgelegt. „Wir sind die roten Brasilianer“, titelte die Tageszeitung „Blick“ in ihrer Online-Ausgabe.

Mit dem 1:0 (0:0)-Erfolg im „Glücksstadion“ St. Jakob-Park in Basel haben die Eidgenossen am Mittwochabend die hochgelobte Seleção nur 45 Tage nach ihrem beeindruckenden Sieg im Confederations Cup entzaubert.

Da ficht es die Schweizer auch nicht an, dass Dani Alves mit einem Eigentor in der 48. Minute den entscheidenden Treffer markierte und damit dem Gastgeber ein ungeahntes Hochgefühl verschaffte. „Dass wir Brasilien geschlagen haben, ist eine Sensation“, urteilte Haris Seferovic, der mit seiner Flanke die Vorlage für den Treffer gegeben hatte. „Das Tor gehört zu 50 Prozent mir.“ Schütze Alves wäre nach seinem traumhaft schönen Kopfball ins eigene Tor vor Scham am liebsten im Boden versunken. „Ich bereue sehr, was ich getan habe“, erklärte der Außenverteidiger geknickt.

Die Schweizer hingegen trumpften damit einmal mehr gegen einen Großen des Welt-Fußballs auf. Nach Weltmeister Spanien 2010 und Deutschland im vorigen Jahr erwischte es nun den Rekord-Weltmeister. Und wie beim ersten Sieg gegen den Rekord-Weltmeister vor 24 Jahren und beim 5:3-Erfolg gegen Deutschland im Vorjahr war Basel Ort des Coups.

Unter Trainer Ottmar Hitzfeld hat die „Nati“ seit dem 4:2-Sieg gegen Kroatien vor genau einem Jahr nicht mehr verloren. „Das ist ein schöner Sieg, aber es ist so, dass man in einem Test gegen Brasilien befreiter aufspielen kann als in einem WM-Qualifikationsspiel“, sagte der 64-Jährige, „dieser Sieg gibt uns Selbstvertrauen. Wir haben wieder kein Gegentor kassiert.“

Die Eidgenossen haben die WM in Brasilien im kommenden Jahr fest im Visier. In der Qualifikationsgruppe E sind sie ungeschlagener Erster. Am 6. September empfängt das Team in Bern Island und muss vier Tage darauf in Oslo gegen Norwegen antreten. „Im spielerischen Bereich sind wir weitergekommen. Wir haben junge, technisch versierte Spieler und können jetzt auch gegen an sich übermächtige Mannschaften ein Spiel mitgestalten“, stellte Hitzfeld fest, warnte aber vor Euphorie: „Gegen Island wird es aber ein ganz anderes Spiel.“

Sechs Wochen nach dem imponierenden 3:0-Finalsieg beim Confederations Cup gegen Weltmeister Spanien ist die Magie um Neymar und seine Kollegen verflogen. „Die Schweiz ist eine Mannschaft, die sehr auf Stöße setzt und hinten dicht macht. Es ist schwer, gegen eine solche Mannschaft zu spielen“, maulte der Jungstar vom FC Barcelona.

Gerade er, auf dem alle Blicke und große Hoffnungen ruhten, kam kaum zum Zuge. Und seine Mitspieler konnten gegen die hochmotivierten Schweizer auch nur eine Halbzeit lang in die Bresche springen. Den müden Brasilianern mangelte es sichtlich an Fitness und Spritzigkeit. ZDF-Experte Oliver Kahn stellte der Seleção ein schlechtes Zeugnis aus. „Vor den Brasilianern muss man sich nicht ins Hemd machen“, sagte der frühere Nationaltorhüter.

„Wenn die Beine nicht funktionieren, ist alles unnütz, was der Kopf sagt. Wir hatten nicht die körperliche Kondition, um gegen ein Team zu spielen, das normal trainiert hat und dessen Spieler eine viel bessere Kondition haben“, konstatierte Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari und fügte an: „Wir haben echte Torchancen gehabt, aber beim Abschluss hat uns etwas die Klasse gefehlt.“