Schwersten Kampf verloren: „Doutor Sócrates“ tot
São Paulo (dpa) - Der frühere brasilianische Fußball-Star Sócrates ist tot. Er starb im Alter von 57 Jahren an den Folgen eines septischen Schocks nach einer Darminfektion.
Sócrates, den seine Fans wegen seiner Mediziner-Ausbildung „Doutor“ nannten, war am Donnerstag auf die Intensivstation des Albert-Einstein-Hospitals in São Paulo gebracht worden. Eine Sprecherin des Krankenhauses bestätigte den Tod. Sócrates wurde noch am Sonntag, zeitgleich zum Anpfiff des letzten Spieltages der Meisterschaft, beigesetzt. Sein Ex-Club Corinthians São Paulo sicherte sich durch ein 0:0 gegen Palmeiras an Sócrates' Todestag den Meistertitel.
Sócrates wurde zuletzt im künstlichen Koma gehalten und mit Geräten beatmet. Er war bereits im August und September zweimal ins Krankenhaus gebracht worden. Damals hatten die Ärzte innere Blutungen und eine Leberzirrhose wegen übermäßigen Alkoholkonsums festgestellt. Sócrates war einer der Stars der Seleção bei den Weltmeisterschaften 1982 in Spanien und 1986 in Mexiko. Der 1,92 Meter große Spielmacher war auch Kapitän der brasilianischen Nationalelf.
In seiner Heimat stand er bei Flamengo (Rio de Janeiro) und den Corinthians unter Vertrag. Für Corinthians bestritt er 297 Spiele und schoss 172 Tore. Der Verein hatte ihm noch am Samstag mit dem Spruch „Força, Doutor!“ (Kraft, Doktor!) Mut gemacht und ihn als eines der größten Idole der Club-Geschichte bezeichnet. „Danke für die schönen Tore, die genialen Pässe, für den meisterhafte Fußball, den nur Sócrates so konnte. Obrigado, Doutor! (Danke Doktor)“, schrieb der Club auf seiner Internetseite.
Sócrates wurde am Sonntag auf dem Friedhof „Guter Hirte“ in Ribeirão Preto rund 320 Kilometer nordwestlich São Paulos beigesetzt, wie der Brasilianische Fußballverband CBF mitteilte. In Brasilien müssen Verstorbene binnen 24 Stunden beigesetzt werden.
Sócrates sei einer der „brillantesten Spieler der Geschichte der brasilianischen Seleção“ gewesen, hieß es in einer CBF-Mitteilung. Er habe 63 Spiele im Nationaltrikot bestritten und 25 Tore geschossen. Er spielte in seiner aktiven Zeit auch für den AC Florenz. 1984 gab er kurz vor der Abreise nach Italien der dpa ein Interview. Damals trank er während des Gesprächs große Mengen Bier und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Die Frage, ob dies für einen Athleten angemessen sei, konterte er mit einem Lächeln und der Antwort: „Ich bin kein Athlet. Ich bin Fußball-Künstler.“
Der Vater von sechs Kindern stand stets politisch links und war stark engagiert. Während Brasiliens Militärdiktatur (1964 bis 1985) setzte er sich für die Demokratie ein und initiierte bei Corinthians eine „Spieler-Demokratie“ (Democracia Corinthiana). Damals konnten die Spieler praktisch das gesamte Vereinsleben per Mehrheitsbeschluss gestalten. Die Fangemeinde von Corinthians zählt zu den größten Brasiliens. Sie wird in den kommenden Tagen trotz des Meistertitels Trauer tragen.