Teplice-Chef veröffentlicht Spielergehälter
Prag (dpa) - Sportdirektor František Hrdlicka hat mit einem Tabu gebrochen und die Gehälter der Fußballprofis des tschechischen Erstligisten FK Teplice veröffentlicht.
Wie im vergangenen Herbst angekündigt, machte Hrdlicka kurz vor Beginn der Rückrunde Ernst und ließ als wohl erster Club in Europa tiefe Einblicke in die Gehaltsstrukturen der Spieler zu.
Demnach gibt es beim derzeitigen Tabellen-14. der Gambrinus-Liga sechs Tarifgruppen, in die sämtliche A-Jugendspieler bis hin zu den Topakteuren des Profiteams eingeordnet sind. Ein A-Junior bekommt demnach maximal etwa 400 Euro (10 000 Tschechische Kronen) pro Monat, Spitzenspieler der ersten Mannschaft verdienen nach offiziellen Clubangaben ein Grundgehalt von etwa 3500 Euro brutto (90 000 Tschechische Kronen).
„Wir wollen ein maximal transparenter Verein sein und möchten keine Spekulationen. Ursprünglich wollten wir genaue Zahlen von jedem Spieler veröffentlichen, das war wegen des Schutzes der Personaldaten aber nicht möglich“, erklärte der Clubvorsitzende Pavel Šedlbauer, der auch Vizepräsident des Unternehmens (ACG Europa) ist, dem der Verein gehört.
Zum Vergleich: Der durchschnittliche Brutto-Monatsverdienst eines Angestellten in Tschechien lag im Jahr 2011 nach offiziellen Angaben bei umgerechnet knapp 947 Euro. In Deutschland betrug der Durchschnittsverdienst 2011 im Westen etwa 3300 Euro, in den neuen Ländern ca. 2400 Euro. Somit verdient ein tschechischer Spitzen-Profi ungefähr so viel wie ein deutscher Durchschnittsverdiener.
Die vergleichsweise hohen erfolgsabhängigen Punkt- und Einsatzprämien sind in Teplice kein Bestandteil des Grundgehalts. Sollte sich der Verein beispielsweise für die Champions League qualifizieren, winken jedem Spitzenspieler Extra-Prämien bis zu einer Million Kronen (ca. 40 000 Euro). Da aus rechtlichen Gründen keine exakten Daten veröffentlicht werden durften, entschloss sich der Club, „zumindest unsere Tarife bekanntzumachen“, wie Šedlbauer meinte. Teplice wolle „ein Vorbild für andere tschechische Vereine sein“. Es sei doch normal, dass Gehälter von Barcelonas Lionel Messi oder von Tschechiens Eishockey-Star Jaromír Jágr bekannt seien. „Warum sollte das im tschechischen Fußball anders sein?“, so Šedlbauer - und handelte.
Begeistert waren die Spieler nicht. Und auch bei der Konkurrenz machte sich der Club mit seinem Vorstoß wenig Freunde. Im Moment erwägt kein anderer Verein, dem Teplice-Vorbild zu folgen.
Die Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VDV) kann sich ein Modell mit Gehaltstarifsgruppen im deutschen Profi-Fußball kaum vorstellen. „Das ist schwierig, weil die Spieler ja nach Leistung in Gruppen eingeteilt werden müssen. Wer soll das entscheiden?“, äußerte sich VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky auf dpa-Anfrage skeptisch. Wichtiger seinen „Mindestgehälter“, ergänzte Baranowsky. „Aber die gibt es in der 1. und 2. Bundesliga und die sind ja auch bekannt.“
Die Mindestgehälter für Fußball-Profis in den Bundesligen richten sich nach der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung. Die liegt derzeit bei 5800 Euro brutto pro Monat. Erstliga-Profis müssen mindestens 50 Prozent (2900 Euro) der Beitragsbemessungsgrenze bekommen, Zweitliga-Spieler mindestens 30 Prozent (1740 Euro). „Die meisten Spieler verdienen natürlich deutlich mehr“, sagte Baranowsky.
Auch von der Deutschen Fußball Liga hieß es, der Verband werde sich an derartigen Enthüllungen nicht beteiligen. Schon das Arbeitsrecht in Deutschland verbiete die Offenlegung von Gehältern einzelner Spieler. Ohnehin sei im deutschen Fußball die Personalkostenquote so niedrig wie sonst nirgends in Europa.
Der bestbezahlte Teplice-Profi strich nach Club-Angaben im vergangenen Jahr 2,6 Millionen Kronen (etwa 101 500 Euro) inklusive Prämien ein - brutto. Davon musste er noch Einkommensteuer, Sozial- und Krankenversicherung bezahlen. Insgesamt gab der Erstligist für sein Personal inklusive Trainerstab 2012 etwas mehr als 36 Millionen Kronen (ca. 1,4 Millionen Euro) aus. Das seien etwa 40 Prozent des gesamten Jahresbudgets. Dies entspricht somit ungefähr dem Etat des deutschen Drittliga-Aufsteigers Hallescher FC beziehungsweise dem Gehalt eines einzelnen, gut bezahlten Bundesliga-Profis.
Die Unterschiede zur Bundesliga sind gewaltig: Schalke 04 zahlte zum Beispiel im Jahr 2011 laut Bilanz Löhne und Gehälter von fast 100 Millionen Euro, in dieser Summe waren aber knapp 300 fest angestellte Mitarbeiter des Vereins enthalten. Der Schalker Lizenzspielerkader verschlang seinerzeit - vorsichtig geschätzt - Kosten von 60 bis 65 Millionen Euro (inklusive Prämien). Der Konzern-Umsatz 2011 betrug beim Revierclub nach offiziellen Angaben 224 Millionen Euro.