Türkische Liga startet - „Fader Beigeschmack“

Istanbul (dpa) - Die Vorfreude ist groß, das Misstrauen enorm. Wenn am Samstag die Süper Lig in die Spielzeit 2011/2012 startet, geht für die fußballbegeisterten Türken eine lange Leidenszeit zu Ende.

„Endlich kann der Ball wieder rollen“, lautet seit Tagen der Tenor in den türkischen Medien.

Eigentlich sollten die früheren Bundesliga-Profis Roberto Hilbert und Fabian Ernst mit ihrem Club Besiktas Istanbul schon Anfang August wieder den Spielbetrieb aufnehmen, doch angeblich manipulierte Spiele zwangen den türkischen Fußballverband TFF, den Saisonbeginn um einen Monat zu verschieben.

„Nichts wird mehr so sein, wie es mal war“, schreibt das türkische Sport-Portal „Fotospor“. Der langersehnte Saisonbeginn habe wegen der kriminellen Machenschaften einiger Funktionäre und Spieler einen „faden Beigeschmack“ bekommen. „Jedes einzelne Spiel, das wir uns künftig anschauen werden, werden wir nun mit einem misstrauischen Blick beäugen und uns bei kritischen Schiedsrichterentscheidungen fragen: 'Wurde da etwa schon wieder...?'“, schrieb das Portal.

Um solchen Gedankenspielen vorzubeugen und das Vertrauen zurückzugewinnen, zog der TFF Konsequenzen. Erstmals wird mit Beginn der neuen Saison der Meister in einem neuen Spielmodus ermittelt. Die besten vier Mannschaften der regulären Saison qualifizieren sich für die Playoff-Runde und ermitteln dort den neuen Titelträger. „Wir erwarten, dass das neue System frischen Wind bringt und unseren Fußball attraktiver macht“, sagt TFF-Präsident Ali Aydinlar.

Doch er weiß auch: Seit dem Manipulationsverdacht in der Liga liegt ein großer Schatten über dem türkischen Fußball. Insgesamt 30 Spieler und Funktionäre sind angeblich in den Skandal involviert und wurden in den vergangenen Wochen und Monaten durch landesweite Razzien in Haft genommen. Der bekannteste Name unter ihnen: Aziz Yildirim, Präsident des 18-maligen Meisters Fenerbahce Istanbul. Er soll in der vergangenen Saison das entscheidende 4:3 gegen Sivasspor und damit den Titel für die „Gelb-Blauen“ auf illegalem Wege besorgt haben und sitzt derzeit in Untersuchungshaft.

Inzwischen hat der TFF auf Druck der UEFA reagiert und Fenerbahce aus der Champions League ausgeschlossen. Der Verein reichte daraufhin Klage beim Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne ein. Die Forderung: Schadenersatz auf 45 Millionen Euro wegen finanzieller Einbußen und die Rückkehr in die Königsklasse. Die Klage wurde am Freitag vom CAS - beinahe erwartungsgemäß - abgewiesen.

Den Wunsch von Fenerbahce, freiwillig in die zweite türkische Liga abzusteigen, hat der TFF abgelehnt. So konzentriert sich der Spitzenclub nun auf sein erstes Heimspiel gegen Aufsteiger Orduspor. Der Treue der Fans kann sich der Verein sicher sein: „Alles ist veränderbar, die Liebe der Anhänger zu Fenerbahce nicht“, ist auf dem Cover der aktuellen Ausgabe des Vereinsmagazins zu lesen.

Rein sportlich scheint alles wie immer: Umfragen zufolge machen wieder einmal die drei Istanbuler Top-Clubs Galatasaray, Besiktas und Fenerbahce die Meisterschaft unter sich aus.