Rekordweltmeister zu Gast WM-Gastgeber Russland empfängt Brasilien
Moskau (dpa) - Geplagt von Verletzungen und Doping-Kontrollen, aber hochmotiviert geht die russische Fußball-Nationalmannschaft in die entscheidende Phase der WM-Vorbereitung.
Am Freitag misst sich der WM-Gastgeber mit Rekordweltmeister Brasilien, am Dienstag folgt ein Testspiel gegen Frankreich. „Wir müssen uns permanent den Puls fühlen“, sagte Nationaltrainer Stanislaw Tschertschessow der Deutschen Presse-Agentur in Moskau.
Knapp drei Monate vor dem Anpfiff der Weltmeisterschaft in Moskau hat Tschertschessow ein ambitioniertes Programm geplant. Nach der Partie gegen Frankreich geht es Ende Mai ins Trainingslager nach Tirol. Zwei Testspiele - gegen Österreich und die Türkei - werden zur Generalprobe für das Turnier vom 14. Juni bis 15. Juli.
Spiele gegen starke Teams sind das Rezept des Ex-Bundesligaprofis Tschertschessow, um die Sbornaja zur WM-Reife zu führen. Gegen Top-Teams sollen seine Spieler wertvolle Erfahrung sammeln. Bereits bei Tests im November hatte Russland daher gegen Argentinien (0:1) und Spanien (3:3) gespielt. „Wenn wir beide Spiele zusammen betrachten, haben wir einen Schritt nach vorne gemacht, als Mannschaft, mental, körperlich und taktisch“, sagte Tschertschessow. Nun gelte es, gegen Brasilien und Frankreich daran anzuknüpfen.
Doch gleich drei wichtige Spieler fallen diesmal mit Knieverletzungen aus - und wahrscheinlich muss Tschertschessow auch bei der WM auf sie verzichten. Die Verteidiger Georgi Dschikija (Spartak Moskau) und Viktor Wassin (ZSKA Moskau) sowie der Angreifer Alexander Kokorin (Zenit St. Petersburg) galten als Kandidaten für den WM-Kader.
Dafür kann Tschertschessow auf seinen deutsch-russischen Neuzugang Konstantin Rausch setzen. Geboren in der Sowjetunion und aufgewachsen in Deutschland, hat er seit 2015 einen russischen Pass. Vergangenen Herbst hatte der Trainer ihn erstmals in die Sbornaja berufen. In der Winterpause wechselte der 28-jährige Rausch vom 1. FC Köln zum Moskauer Traditionsclub Dynamo, wohl auch um seine Ambitionen in der Nationalelf zu verwirklichen.
„Ich spüre einen Unterschied“, sagte Rausch der Zeitung „Rossijskaja Gaseta“ über seinen Wechsel in die russische Premierliga. „In Deutschland ist es etwas wärmer, und die Plätze sind in einem idealen Zustand. Aber das ist alles nicht schlimm, ich gewöhne mich ein.“
Gewöhnungsbedürftig war für die Sbornaja wohl auch der überraschende Besuch von Doping-Kontrolleuren am frühen Mittwochmorgen. Um 6.30 Uhr holten die Spezialisten mehrere Spieler aus den Betten. Die Prozedur dauerte fast sechs Stunden, zehn Spieler mussten Proben abgeben. „Seit September 2017 haben Spieler aus der russischen Liga rund 500 Proben abgegeben“, sagte Mannschaftsarzt Eduard Besuglow genervt.
Im Sog des russischen Dopingskandals war auch der Fußball in Verdacht geraten. Vizeregierungschef Witali Mutko sagte, dies sei nur eine Routinekontrolle gewesen. Vor der WM würden alle Teams überprüft.
Zum Ärger von Tschertschessow und seinem Team verzögerte sich das Training durch die Kontrolle, zwei Spieler verpassten es. Am Donnerstagnachmittag meldete der Verband überraschend eine weitere Doping-Kontrolle. Die ganze Mannschaft müsse Blut und Urin abgeben, hieß es. Dennoch konnte sich die Sbornaja wie geplant im Moskauer Luschniki-Stadion, dem Schauplatz für die WM-Eröffnung und das Finale, voll auf den Gegner Brasilien konzentrieren.
Auch für den fünfmaligen Weltmeister ist das Spiel gegen die WM-Gastgeber ein wichtiger Test. „Russland spielt zu großen Teilen einen defensiven Fußball“, sagte Edu Gaspar, Koordinator der Seleção. „Beim Turnier werden wir auf jeden Fall auf solche Mannschaften treffen. Dafür müssen wir Spielvarianten ausarbeiten“, sagte der Ex-Mittelfeldspieler der russischen Zeitung „Sport-Express“.
Von Moskau aus reisen die Brasilianer weiter nach Berlin, wo sie am Dienstag gegen Weltmeister Deutschland antreten. „Russland und Deutschland waren unsere Favoriten für die Vorbereitung“, sagte Gaspar. „Wir denken, mit diesen Gegnern bereiten wir uns am besten auf die Realität beim Turnier vor.“