Wo ist der Adler? Proteste gegen Polen-Trikots

Warschau (dpa) - Seit der polnische Fußballverband PZPN Anfang des Monats die neuen Trikots der Nationalmannschaft vorstellte, ist die Vorfreude auf die EM 2012 geballter Wut der Fans gewichen.

Denn die Trikots in den Nationalfarben Weiß und Rot sind zwar mit dem Emblem des PZPN versehen, der Adler als polnisches Wappentier fehlt jedoch. Seit dem brodelt die patriotische Seele des Fußballvolkes. „Wo ist der Adler?“, skandierten Tausende beim Spiel gegen Italien, das das adlerlose polnische Team am Freitag in Breslau (Wroclaw) 0:2 verlor. Im Stadion wurden Transparente hoch gehalten: „Tradition verpflichtet. Dem neuen Outfit drückt keiner die Daumen.“

Im Internet wird auf Fanforen zum Protest beim PZPN aufgerufen und eine Petition verbreitet. „Der Verband hat kein Recht, die Tradition unseres Landes zu vergessen und unter dem Vorwand der Modernisierung sein eigenes Marketingprodukt zu schaffen“, heißt es darin. „Diese Entscheidung schadet dem polnischen Fußball. Lasst zur EM den Adler zurückkehren!“

Unverständnis über die neuen Trikots gab es auch von höchster Stelle: Staatspräsident Bronislaw Komorowski philosophierte in einem Rundfunkinterview am polnischen Unabhängigkeitstag am vergangenen Freitag über den Wert nationaler Symbole und gab zu: „Ich verstehe nicht, warum der Adler ... verschwinden soll. Mir scheint, es gibt nichts, was die Polen mehr eint als der Adler mit der Krone. Ehe man ein geliebtes und respektiertes Symbol in Rente schickt, sollte man zehnmal darüber nachdenken.“

„Selbst die kommunistische Volksrepublik hat sich nicht in Symbole eingemischt“, zürnte der ehemalige Nationalspieler Jacek Gmoch. „Diese unglücklichen Trikots müssen so schnell wie möglich zurückgezogen werden.“ Die polnischen Spieler scheinen hin- und hergerissen zwischen der Liebe zum Adler und der Loyalität zum Verband. „Wir werden den Adler im Herzen tragen“, sagte Verteidiger Arkadiusz Glowacki in einem Interview der Zeitung „Rzeczpospolita“.

Sein Teamkollege Robert Lewandowski trauert dem Adler nach, auch wenn er das Verbandslogo auf dem neuen Trikot „hübsch“ findet. „Mit dem Adler wäre es besser. Nun können wir ihn nicht mehr nach einem Tor küssen“, bedauerte er. „Das sind Änderungen, auf die die Spieler keinen Einfluss haben“, meinte zähneknirschend auch Rafal Murawski. „Aber wir haben uns so an den Adler gewöhnt.“

PZPN-Chef Grzegorz Lato, der einst selbst mit dem Adler auf dem Trikot aufs Spielfeld lief, hält die Diskussion für künstliche, von den Medien geschürte Aufregung. Schließlich sei schon seit Monaten bekanntgewesen, dass künftig das Verbandslogo die Trikots schmücken soll. Doch angesichts der heftigen Reaktionen der Fans regt sich auch im Verband Widerspruch: Auf der Hauptversammlung am 25. November will ein Teil der Delegierten für die Rückkehr des Adlers kämpfen.