Karrierewendung: Aus Zwanziger wird Mr. Twenty
Zürich (dpa) - Theo Zwanziger ist Joseph Blatters Architekt und Anwalt der heiß diskutierten FIFA-Reformen. In nur zwei Jahren hat sich der einstige DFB-Chef im Machtzentrum des Fußball-Weltverbandes einen Namen gemacht.
Manch einer hätte ihm das so nicht zugetraut.
Das hätte Uli Hoeneß sicherlich nicht für möglich gehalten. Wenn bei der FIFA in diesen Tagen die Entscheidung über die heiß diskutierten Demokratie-Reformen fällt, ist Zwanziger einer der entscheidenden Strippenzieher auf internationalem Funktionärsparkett und Verhandlungsführer für FIFA-Boss Blatter. Mit Skepsis und auch einem Schuss Häme hatte nicht nur Bayern-Präsident Hoeneß die Anfänge Zwanzigers als Mitglied in der FIFA- und UEFA-Exekutive kommentiert. Dem damaligen DFB-Chef haftete das Image der Provinz an, Altendiez ist seine Heimat - nicht Zürich, London, Genfer See - da machte Zwanziger selbst keinen Hehl draus.
„Meine Neigung in die FIFA zu gehen, war nicht so groß. Meine Lebensplanung war eigentlich eine andere“, erinnert sich Zwanziger heute. Eher aus der Not und einem Amtsautomatismus als DFB-Präsident ließ sich der Jurist 2009 in die UEFA-Exekutive wählen. Auch in die Regierung des Weltverbandes FIFA wurde er zwei Jahre später gedrängt, weil Franz Beckenbauer keine Lust mehr verspürte, dem von Skandal und Korruption umwitterten Gremium anzugehören. Zwanziger musste widerwillig nachrücken, um den wichtigen Platz in dem FIFA-Gremium für den deutschen Fußball nicht herzuschenken. Der Versuch, seinen damaligen Generalsekretär Wolfgang Niersbach in diese Ämter zu hieven, misslang.
Mehr Distanz zu Blatter ist der Dauerwunsch von Hoeneß und Co., doch Zwanziger wählte einen anderen Weg: Wandeln durch handeln, lautet sein Motto. Der FIFA-Boss erkannte clever diese Chance und machte einen potenziellen deutschen Dauerkritiker zum Chef der Statutenkommission, die den Anti-Korruptions-Fahrplan entwarf. Ein Feigenblatt Blatters zu sein, war der logische neue Vorwurf an Zwanziger, den dieser stetig bei Seite schiebt. Denn in seiner Rolle ging Zwanziger auf. „Mit der Ausgestaltung der Reformen habe ich Spaß an der Aufgabe gefunden.“
Wenn am 31. Mai beim FIFA-Kongress auf Mauritius die finale Abstimmung über den erhofften demokratischen Wandel stattfindet, läutet Zwanziger seinen Abschied ein. Seine Aufgabe ist dann erledigt. Schon eine Woche zuvor verlässt er die UEFA-Exekutive, in zwei Jahren soll dann ein anderer in die FIFA-Exekutive nachrücken. „2015 ist für mich definitiv Schluss. Das steht außer Frage.“
Dass die Reform-Ergebnisse gemessen an den Erwartungen überaus dürftig sind und die Kritik von Compliance-Experten auch vor der Exekutivkomitee-Sitzung am Mittwoch und Donnerstag in der prunkvollen FIFA-Zentrale nochmals kräftig aufbrandete, spielt für Zwanziger keine maßgebliche Rolle. Seine Arbeit will er sich nicht kaputt reden lassen: „Ich bin zufrieden mit dem aktuellen Stand des Reformprozesses. Es gibt eine Weichenstellung.“ Er sagt aber auch: „Es war nicht leicht, wenn man sieht, welche Ziele am Anfang des Weges formuliert worden sind.“
Kaum verwunderlich: Präsident Blatter bedenkt seinen Reform-Anwalt dieser Tage mit besonders warmen Worten. „Theo Zwanziger ist in diesem ganzen Prozess der Reform mein Mitstreiter Nummer eins. Er ist in der Exekutive eine sehr beachtete und respektierte Persönlichkeit“, sagte er kürzlich dem „Kicker“. Der Gepriesene nimmt dies mit einem Schmunzeln zur Kenntnis: „Ich brauche weder Lob noch Tadel. Dass ich für die Reformen eine wichtige Rolle spiele, lässt sich nicht leugnen“, sagte er. Mr. Twenty ist längst ein Meister auch der internationalen Funktionärssprache.
Dass ihm Hoeneß einst vorhielt, nicht ausreichend Englisch zu sprechen, um den deutschen Fußball in den Besprechungszimmern der internationalen Sport-Diplomatie adäquat zu vertreten, quittiert Zwanziger mit einem heiteren Lachen. „Ich verstehe Englisch gut und spreche so, dass es für Smalltalk reicht. In den Sitzungen wird übersetzt. Deutsch ist eine FIFA-Sprache.“