Liebeserklärung 111 Gründe, den KFC Uerdingen zu lieben
Krefeld · Fan Christian Krumm nennt in seinem Buch 111 Gründe, den KFC Uerdingen zu lieben.
Das große Menschheitsthema Liebe – und der Fußball. Darüber können eigentlich nur echte Fans erzählen, die schon in Bettwäsche ihres Lieblingsklubs geschlafen haben oder es immer noch tun. Die nicht nur jedes Wochenende in die Stadien pilgern, um ihre Mannschaft spielen zu sehen. Die für ihr Team das sprichwörtlich letzte Hemd geben, Geld spenden, wenn der Verein in Nöten ist. Auf 275 Seiten hat der Krefelder Christian Krumm eine Liebeserklärung an seinen KFC Uerdingen verfasst, den er schon seit Kindesbeinen in den 1980er-Jahren im Stadion verfolgt hat. Damals noch unter dem Namen FC Bayer 05 Uerdingen. Der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf trat an ihn heran, da er früher schon in der Zeitschrift „Die Heimat“ über den Krefelder Fußballklub geschrieben, im Fanshop gearbeitet und mit seiner Band das KFC-Lied „Ob Sieg oder Pleite“ gedichtet hatte. „Ich fand die Idee großartig. So ein Buch muss es über den KFC einfach geben“, sagt Krumm der WZ. „111 Gründe, den KFC Uerdingen zu lieben“ ist bereits erschienen.
„Eine Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt“, heißt es auf dem Cover. Ein Versprechen, dass Christian Krumm problemlos einlöst. In sechs Monaten hat der Krefelder sogar eifrig 150 Gründe zusammengetragen, die überzähligen aber wieder verworfen. Er interviewte über mehrere Monate die wenigen Mitarbeiter des Klubs, ehemalige Spieler des FC Bayer 05 Uerdingen wie Frank Kirchhoff, sein Torwart-Idol Werner Vollack und den heutigen Ersatzkeeper Robin Udegbe. Der Historiker Krumm recherchierte mit gewisser Routine alte Zeitungsartikel oder schaute ins Archiv des KFC-Chronisten Ivo Burmeister, las sich aber auch durch die Seiten des 1985-Titels „Bayer 05 Uerdingen – Fußball in Krefeld“. Die Geschichte ab dem Pokalsieg ’85 erzählt er weiter. Allen ehemaligen Größen und Kultfiguren werden ein paar Zeilen gewidmet: Matthias Herget, Friedhelm Funkel, Helmut Rahner und so weiter.
Herausgekommen ist eine Sammlung an Elogen eines echten Liebhabers. Erlebnisse und Geschehnisse sind persönlich und emotional eingefärbt. Hier schreibt ein wahrer Fan, kein Beobachter. Das merkt man in jeder Silbe. Sarkasmus klingt an, wenn Krumm schreibt: „111 Gründe, warum ich als Fan die letzten 35 Jahre darauf verzichtet habe, Titel zu feiern“.
Erinnerungen an die goldenen 1980er-Jahre
Die aus Uerdinger Sicht goldenen 1980er-Jahre liegen nun schon 30 Jahre zurück. Krumm hält die Erinnerung gerne wach. Sei es das Pokalfinale von Berlin gegen die Münchner Bayern oder das „Wunder von der Grotenburg“ gegen Dynamo Dresden im März ’86. Minutiös nacherzählt – das Feuer des Fans lodert spürbar in der Brust. Wer noch einmal das Kopfkino anwerfen will und dafür auf Youtube verzichtet, ist hier richtig.
Krumm zeichnet in seinem Werk die Geschichte des Klubs in 111 Kapiteln nach. Den Rückzug der Bayer AG, die drei Insolvenzen, den Niedergang, aber auch Aufschwung bis zurück in die 3. Liga, in der der KFC heute spielt. Der Ailton-Coup des früheren Präsidenten Lakis 2009 („Ailton brachte Leben in die Bude“) wird erwähnt. Der heutige KFC-Chef Mikhail Ponomarev wird wie sein Vorgänger Lakis mit Lob überhäuft. Dankbarkeit klingt durch. Beide hielten den Verein schließlich über Wasser. Ponomarev – „der Macher, der alles für den Erfolg tut (…) er arbeitet, wenn andere sich zurückgelehnt hätten“. Für ihn sei der KFC ein Zuhause geworden. Die Fans stünden hinter ihm, „trotz aller Schmähungen von außen“.
In vielen Punkten spürt man eine Art Wagenburg-Mentalität. Fans, Verein und Mannschaft stehen eng zusammen – Verband, Stadt und „die Presse“ draußen, die immer mal wieder den Frieden störten und es ja eigentlich schlecht meinten mit seinem KFC. Kritik im eigenen Haus übt er nicht. Dafür ist in dieser Liebeserklärung kein Raum.
Immer wieder aber macht Krumm die Bedeutung der Anhängerschaft deutlich: „Die eisernen, treuen, unkaputtbaren Fans, die das Gesicht des KFC geprägt haben.“ Geld hätten sie gespendet, in teils verrückten Aktionen. „Ohne seine Fans gäbe es den Verein nicht mehr“, meint Krumm. Der Verein, ein „Klub der Verrückten“, der immer wieder aufsteht.
Der Autor beschreibt auch das latente Gefühl im Klub, die zweite Geige zu spielen, „Fremde in der eigenen Stadt“ zu sein, nicht so richtig dazu zu gehören. „Das zur Schau gestellte Desinteresse der Stadt“ machte den Verein für Sponsoren nicht attraktiv. Aber auch das frühere Trauma: Das „Stiefkind“ gewesen zu sein als Nummer zwei im Bayer-Konzern. „Das Buch ist persönlicher geworden als ich es vorhatte“, sagt Krumm. Etwas Genugtuung darf in seinem Werk aber nicht fehlen: „Uerdingen hat Krefeld berühmt gemacht.“