DFB-Team Kroos: Özil-Rücktritt mit viel „Quatsch“

Hamburg (dpa) - Zum Wunsch von Toni Kroos nach einer Sonderrolle meldete sich der Bundestrainer schnell zu Wort. Zur hitzigen Debatte um Mesut Özil schweigt Joachim Löw weiter.

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Die Aufarbeitung des deutschen WM-Debakels in Russland nimmt Fahrt auf - allerdings noch immer ohne Löw als offensiven Hauptdarsteller. Während der Freiburger im Hintergrund am Umbruch in der Nationalmannschaft bastelt und am Donnerstag lediglich die Entscheidung von Kroos zum Weitermachen begrüßte, äußerten sich seine Ex-Weltmeister zu den brisanten Themen. „Der Anteil, der in seiner Erklärung gut und richtig angesprochen wird, wird leider durch den wesentlich höheren Anteil an Quatsch überschattet“, sagte Kroos in der „Bild“ zu Özils Rücktritt.

Der Mittelfeldspieler des FC Arsenal hat ohne ein Gespräch mit Löw und mit vielen Vorwürfen das Ende seiner DFB-Karriere verkündet und speziell DFB-Präsident Reinhard Grindel Rassismus im Umgang mit ihm vorgeworfen. „Ich denke, dass er selbst weiß, dass es Rassismus innerhalb der Nationalmannschaft und des DFB nicht gibt“, bemerkte der gebürtige Greifswalder Kroos, der 86 Mal für Deutschland spielte. „Ganz im Gegenteil: Wir setzen uns ja immer wieder aus Überzeugung für Vielfalt und Integration ein. Mesut war dafür ein gutes Beispiel, wie viele andere unserer Mitspieler auch.“ So deutlich wie Kroos hat sich noch kein Nationalspieler über Özils Aussagen geäußert.

Alle müssten wieder dahinkommen, „dass jeder sein Ego in den Hintergrund stellt, sich und seine Stärken zum Wohl des Teams einbringt“, sagte der 28 Jahre alte Kroos. Er selbst wolle seinen Weg bis zur Fußball-EM 2020 weitergehen und habe sich das großes Ziel gesetzt, „dass wir dort deutlich erfolgreicher sind als zuletzt“.

Auch Sami Khedira (31) will bleiben und setzt weiter auf das „Leistungsprinzip über allen“ in der Nationalmannschaft. „Wenn es aktuell Bessere gibt, dann werde ich das akzeptieren, dafür habe ich Verständnis. Sollte ich aber nominiert werden, weil der Bundestrainer der Meinung ist, dass ich dem DFB helfen könnte, dann ist das für mich immer zugleich Ehre und Verpflichtung“, schrieb der Profi von Juventus Turin am Donnerstag in seinen sozialen Kanälen.

Er habe ein „sehr gutes Gespräch“ mit dem Bundestrainer gehabt, der Verständnis gezeigt habe „und der trotzdem dafür gekämpft hat, dass ich ihm erhalten bleibe“, sagte Kroos. „Wir werden gemeinsam Lösungen finden, damit ich auch hier und da eine notwendige Ruhepause bekomme.“ Das sei aus seiner Sicht „der einzige Weg und ich bin Jogi für sein Verständnis dankbar“. Löw meldete sich über die DFB-Kanäle zu Wort: „Mit seiner Erfahrung, Klasse und Persönlichkeit ist er natürlich ein Schlüsselspieler, dem in unseren weiteren Planungen eine ganz wichtige Rolle zukommt - auf und neben dem Platz.“

Über andere Themen hält sich Löw weiter bedeckt. Der derzeitige Plan sieht vor, dass der Bundestrainer vor dem Bundesliga-Auftakt mit dem Spiel des FC Bayern am 24. August gegen 1899 Hoffenheim in München dem DFB-Präsidium die Konsequenzen aus dem blamablen WM-Aus präsentiert. Erst am 29. August soll dann bei der Vorstellung des ersten Länderspiel-Aufgebots nach dem Russland-Debakel auch die Öffentlichkeit informiert werden. Derzeit ist Löw auf Personal-Tour, will mit allen betroffenen Spielern und Helfern persönlich sprechen.

Die Affäre um die Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hätten Özil und dessen Kollegen Ilkay Gündogan zwar beschäftigt, bestätigte Kroos. Es wäre allerdings „peinlich“, sich als Mannschaft hinter dieser Debatte zu verstecken „und dies mit als Grund für das Abschneiden zu nennen.“ Kapitän Manuel Neuer hatte erklärt, „dass das schon ein bisschen gestört hat“. Für Thomas Müller war die Debatte um Özil eine „heuchlerische Diskussion“.

„Mesut wurde für das Foto kritisiert — und das zu Recht. Und er hat die Chance verstreichen lassen, sich dazu zu erklären. Trotzdem wurde er von der sportlichen Leitung und im Mannschaftskreis absolut unterstützt“, betonte Real-Madrid-Star Kroos. „Später wurde er — wie wir anderen auch — für die Leistung bei der WM kritisiert. Die Art der Kritik war sicher nicht immer auf gutem Niveau — aber da muss man als Spieler dann durch.“

Er habe sich nach dem WM-Aus selbst viele Gedanken gemacht und seine Entscheidung abgewogen, berichtete der Fußballer des Jahres Kroos. Seine Frau sei die Erste gewesen, „die gesagt hat: Schatz, so kannst du nicht zurücktreten.“ Auch sein Sohn „wollte unbedingt, dass ich für Deutschland weiterspiele. Er ist nun mal großer Fan von Real UND der Nationalmannschaft. Da wäre es schwer gewesen, Nein zu sagen“.

Am 6. September startet das DFB-Team in München gegen Weltmeister Frankreich in die neu geschaffene Nationenliga, drei Tage später folgt ein Testspiel gegen Peru in Sinsheim. Khedira will kämpfen: „Und wenn es für mich nicht reichen sollte, wäre es für mich nur noch mehr Ansporn, weiter an mir zu arbeiten. Das bin ich meinem Sport, dem DFB, den Personen, die mich unterstützt haben und an mich glauben, und nicht zuletzt mir selbst schuldig.“