Löw feilt am EM-System - Zahltag für Neuer & Co.
Düsseldorf (dpa) - Endlich Zeit für Fußball. Nachdem auch der Neu-Londoner Per Mertesacker von seinem erfolgreichen Transfer-Trip nach England zurückgekehrt war, konnte Joachim Löw endlich ungestört mit dem kompletten Kader die Vorbereitung auf das brisante Prestigeduell gegen Österreich forcieren.
Beim Training ließ der Bundestrainer seine 21 Akteure intensiv am noch neuen 4-1-4-1-System feilen, mit dem er am Freitag in Gelsenkirchen vorzeitig das Ticket zur EM 2012 buchen will. „Jogi will einfach jetzt ein erfolgreiches Spiel gegen Österreich machen“, berichtete Oliver Bierhoff. Nach dem heftigen Wirbel um Lahms Buch und Mertesackers Last-Minute-Wechsel zum FC Arsenal gilt die gesamte Konzentration der bevorstehenden Aufgabe gegen Österreich - und sogar schon darüber hinaus. Bierhoff warnte eindringlich vor einem „kleinen Schlendrian“, der sich Richtung EM 2012 nicht einschleichen dürfe.
„Erster Schritt ist jetzt, Österreich schlagen und alles klar machen“, sagte Bierhoff zur Marschroute der kommenden Tage. „Uns erwartet ein heißes Spiel. Wir müssen das Ding noch fix machen, aber daran gibt es wenig Zweifel“, ergänzte Bayern-Profi Thomas Müller selbstbewusst. Ein emotionaler Abend dürfte Manuel Neuer erwarten, der erstmals als Bayern-Torwart in die Schalker Arena zurückkehrt: „Ich freue mich. Ich denke, dass es ein schöner Freitagabend wird.“
Es könnte für Neuer & Co. auch ein großer Zahltag werden. Für den Gruppensieg hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine Erfolgsprämie von 18 000 Euro pro Mann und Spielteilnahme ausgesetzt. Nach acht von zehn Partien würden sich die Prämienkosten des Verbandes auf 2,826 Millionen Euro summieren. Im Rennen um den persönlichen Höchstbetrag von 180 000 Euro sind noch sieben Spieler: Kapitän Philipp Lahm, Neuer, Müller, Toni Kroos, Holger Badstuber, Mesut Özil und Lukas Podolski.
Sogar ein zweistelliger Millionenbetrag wird in den kommenden vier Jahren auf das Konto von Mertesacker fließen, dessen Wechsel von Werder Bremen zum FC Arsenal auch im DFB-Quartier ein heißes Gesprächsthema war. „Per hat für sich die richtige Entscheidung getroffen. Wir hoffen, dass sich alles erfüllt, was er sich erhofft“, kommentierte Neuer. Mertesacker selbst sprach in einer Mitteilung seines bisherigen Vereins davon, dass sein „Wunsch in Erfüllung“ gegangen sei, „einen weiteren Schritt in meiner Karriere zu machen“. Die Premier League habe für ihn „schon immer eine reizvolle Herausforderung dargestellt“.
Löw hatte seinen Abwehrchef extra für einen Tag freigestellt, damit dieser am Dienstag seine berufliche Zukunft in England regeln konnte. Gelöst und locker wirkte der Abwehrspieler am Tag danach beim Training. Bierhoff sprach von einer sportlichen „Herausforderung“ für Mertesacker. Von dieser möchte auch Löw profitieren. Denn in England könnte der Abwehrchef jene Weiterentwicklung vollziehen, auf die Löw bei allen Spielern mit Blick auf den anvisierten Titelgewinn bei der EM 2012 hofft. Gegen Österreich soll Mertesacker nach einer mehrmonatigen Länderspielpause wegen einer Fersenverletzung wieder als Abwehrchef auflaufen. „Per hat bei der Nationalmannschaft immer seine Leistung gebracht“, betonte Löw die Bedeutung des 75-maligen Auswahlspielers.
Nach dem Ausfall von Sami Khedira will Löw wie schon beim Test gegen Brasilien (3:2) das Mittelfeld erneut offensiver ausrichten. Vor Bastian Schweinsteiger plant er mit einer Vierreihe mit Müller, Özil, Kroos und Podolski. Am Mittwoch ließ er die Mannschaft die Laufwege im offensiveren 4-1-4-1-System einüben. Das System eröffnet dem Bundestrainer auch die Möglichkeit, die Super-Techniker Özil und Mario Götze gemeinsam einzusetzen. „Selbstverständlich können Özil und Götze auch zusammen spielen. Es ist eine Option“, erklärte Löw. Gegen Österreich setzt er aber wohl zunächst auf Kroos neben Özil.
Der Bundestrainer denkt bei seinen Maßnahmen längst über die Qualifikation hinaus. „Wir müssen uns über die nächsten Monate richtig vorbereiten und gewappnet sein für die EM“, betonte Löw. Auch Bierhoff mahnte, dass sich niemand zurücklehnen dürfe. „Wir dürfen nicht den Fehler von 2007 machen, wo nach der Qualifikation ein kleiner Schlendrian reingekommen ist, der sich dann durchgezogen hat bis zur EM.“ Vielmehr gelte es, in jedem Spiel „weiter zu wachsen“.
Die voraussichtliche deutsche Aufstellung:
Neuer - Höwedes, Mertesacker, Badstuber, Lahm - Schweinsteiger - Müller, Özil, Kroos, Podolski - Klose