Tobias Gensler: Sie nannten ihn Doktor Fußball

Nachdem er seine Fußballschuhe an den Nagel gehängt hatte, startete Tobias Gensler bei Sky durch.

Wuppertal. Tobias Gensler ist vielen Wuppertalern noch ein Begriff als Spieler des Wuppertaler SV. Drei Jahre, von 2004 an, war der kampfstarke Vohwinkeler Junge in der ersten und zweiten Mannschaft des WSV als Mittelfeld-Dauerrenner aktiv — unter dem Pseudonym „Dr. Fußball“ machte er in der vergangenen Saison von sich reden.

Der Bezahlsender Sky hatte den Diplom-Sportwissenschaftler für Spielanalysen im Rahmen der samstäglichen Bundesliga-Berichterstattung verpflichtet. „Was ich früher für verschiedene Vereine, wie BSV Kickers Emden oder Rot-Weiß Ahlen gemacht hatte, sollte ich nun für das Fernsehen übernehmen“, erklärt der heute 29-Jährige seinen Job. „Die Analysen sollten absolut korrekt sein und dem Zuschauer die Spielsituationen aus Sicht eines Trainers näherbringen.“

Von der Qualität seiner Analysen war der kürzlich zurückgetretene Sky-Fußballchef Marcus Jung absolut überzeugt: Hatte der ehemalige Co-Trainer der Studenten-Fußball-Nationalmannschaft, in der Gensler aktiv war, doch den weiteren Werdegang seines Schützlings verfolgt. Bei einer Tagung des Bundes Deutscher Fußball Lehrer (BDFL) trafen sich die beiden wieder. Gensler hatte sich während seines Sportwissenschaft-Studiums spezialisiert — neben Athletik- und Fitnesstraining auch auf Spielanalyse. Ein Anruf von Marcus Jung folgte einige Zeit nach der Tagung — und dann ging alles ganz schnell: Dr. Fußball war geboren.

Gensler, der unter der Woche Sport und Biologie an einer Gesamtschule in Willich unterrichtet, wurde für seinen Auftritt jeden Samstag nach München eingeflogen. Der fiktive Charakter Dr. Fußball kam gut an. Den Zuschauern war der gebürtige Wuppertaler sympathisch.

Und von Lewis Holtby über den ehemaligen BVB-Kopfballspezialisten Karlheinz Riedle bis hin zu Andreas Köppke gab es vonseiten der Profis viel Lob, erzählt der Wuppertaler TV-Neuling stolz. Als Gensler sich dem Torwarttrainer der Nationalmannschaft vorstellte, wusste der auf Anhieb: „Ja, klar, du bist Dr. Fußball.“ Auch der Trainer des Jahres 2011, Jürgen Klopp, kannte Genslers alter ego. „Das war ein absolutes Highlight und zeigt, da hast du etwas richtig gemacht“, freut sich Gensler.

Auch auf der Straße wurde er erkannt — nicht immer am Aussehen, sondern in Köln, wo er derzeit lebt, auch an der Stimme. „Erkannt zu werden, ist ein schönes Gefühl, auch wenn ich mich manchmal darüber wundere — immerhin bin ich ja immer nur fünf Minuten auf Sendung gewesen“, sagt Gensler.

Doch so erfolgreich das Format Dr. Fußball auch war, der neue Sky-Sportchef Burkhard Weber hat es vorerst aus dem Programm gestrichen, bedauert Gensler. Am ersten Spieltag moderierte Tobias Gensler noch mit Oliver Pocher, dann war Schluss. Gensler dazu: „Mein Vertrag läuft noch bis Ende des Jahres. Ich würde aber gerne weitermachen — entweder im TV oder auch wieder bei einem Profiverein.“ So bleibt vorerst offen, wann und wo es ein Wiedersehen mit Dr. Fußball geben wird, die Fans der messerscharfen Analyse würden sich über eine baldige Rückkehr auf den Bildschirm bestimmt freuen.