Löw plant Debüts gegen Uruguay

Frankfurt/Main (dpa) - Joachim Löw macht aus der Not eine Tugend. Der Bundestrainer erklärte das Test-Länderspiel am Sonntag gegen Uruguay kurzerhand zum „Aufwärmprogramm“ - richtig ernst wird es erst beim Bruderkampf um EM-Qualifikationspunkte in Wien.

„Alles wird auf den nächsten Freitag gegen Österreich ausgerichtet sein“, kündigte der Bundestrainer in Frankfurt am Main an, wo sich seine 22 Spieler zur Vorbereitung auf den Länderspiel-Dreierpack zum Abschluss einer langen und strapaziösen Saison trafen.

„Wir wollen das Spiel nutzen, nach der ungewohnten Situation in die Gänge zu kommen“, erklärte Löw, für den nicht nur durch den ungünstigen Terminplan einige Ungewissheiten bleiben. „Wir hatten seit zwei Wochen kein Pflichtspiel, da nimmt man so einen Härtetest vor den Qualifikationsspielen gerne an“, betonte Kapitän Philipp Lahm. „Die Termine sind nicht glücklich, aber wir müssen damit leben“, formulierte Arne Friedrich die Haltung des Teams.

Nationalmannschafts-Neuling Marco Reus bezog zwar mächtig stolz sein Zimmer im Teamhotel „Villa Kennedy“, konnte aber erstmal nicht wie erwünscht durchstarten. Nach einer Untersuchung „beim Doc“ musste der 21-jährige Gladbacher Nichtabstiegsheld wegen muskulärer Probleme am Abend beim ersten Training ebenso passen wie Lukas Podolski. Der Kölner absolvierte wegen einer Knöchelblessur wie Reus nur ein individuelles Programm im Teamquartier.

Sami Khedira konnte dagegen nach einem Muskelriss im Oberschenkel zumindest das Aufwärmprogramm mit der Mannschaft bestreiten, ehe er ein persönliches Aufbautraining absolvierte. Gegen Uruguay ist sein Einsatz noch kein Thema. Ob es für die EM-Ausscheidungsspiele in Österreich und vier Tage später in Aserbaidschan reichen kann, „wird sich erst kommende Woche entscheiden“, berichtete Löw.

Der Bundestrainer will im Stadion von 1899 Hoffenheim weitgehend seine Stammelf aufbieten, die sich für Wien und Baku einspielen soll. Er plane aber auch mit den Debüts der Neulinge Reus und Benedikt Höwedes, den er nach den Ausfällen von Bastian Schweinsteiger und Sven Bender nachnominiert hatte. „Motiviert bin ich absolut. Ich kann nur versuchen, positiv auf mich aufmerksam zu machen“, sagte der Schalker Höwedes, der seinen schon gebuchten Urlaub gerne absagte.

Lust auf die Länderspiele hat laut Löw auch Manuel Neuer, der sich am Freitag zum Wechselstreit zwischen Schalke und Bayern nicht äußern wollte. Sein Clubkollege Höwedes bedauert dagegen den Verlust des Nationaltorhüters, auf dessen Abschied er sich schon eingesellt hat: „Natürlich ist man ein bisschen bedröppelt, weil er der beste Torhüter der Welt ist“, sagte Höwedes vielsagend.

In der Innenverteidigung, wo mit Arne Friedrich, Holger Badstuber, Mats Hummels und Höwedes vier Kandidaten bereitstehen, soll es gegen Uruguay wie im Angriff zur Pause wohl einen Personaltausch geben. „Ich bin froh, dass ich zwei solche Stürmer habe“, sagte Löw zum Duo Miroslav Klose und Mario Gomez, das sich beim Toreschießen abwechseln soll.

Dagegen ist die Besetzung der Mittelfeldzentrale gegen Uruguay nach den Ausfällen von Schweinsteiger und Bender sowie dem Verzicht auf Khedira und dem faktisch beschlossenen Nationalmannschafts-Aus von Michael Ballack vakant. „Wir haben Spieler, die diese Position besetzen können“, sagte Löw kämpferisch mit Hinweis auf Auswahlrückkehrer Simon Rolfes, Toni Kroos und Christian Träsch.

Inzwischen deutet dagegen nichts mehr auf eine Rückkehr des bald 35 Jahre alten Ballack auf den EM-Zug hin. „Ende März haben wir uns ausgetauscht, alle Dinge angesprochen. Alles andere werde ich dann mitteilen, wenn es in Absprache mit Michael Ballack der richtige Zeitpunkt ist“, erklärte Löw am Freitag nochmals vielsagend.

Beim Benefizspiel gegen Uruguay, bei dem das Nationalteam 4,3 Millionen Euro für Stiftungen des DFB und der Liga einspielt, möchte der WM-Dritte von Südafrika zudem die ernüchternde Testspiel-Serie beenden. Das Missverhältnis vor dem letzten Freundschaftsspiel der Spielzeit 2010/11 ist eklatant: Fünf Siegen in den Punktspielen der EM-Qualifikation stehen vier sieglose Testpartien gegenüber.

Die Erinnerung an Uruguay mit WM-Star Diego Forlan ist noch frisch. Im Vorjahr siegte das DFB-Team im „kleinen Finale“ in Port Elizabeth durch Tore von Thomas Müller, Marcell Jansen und Khedira mit 3:2. „Sie haben vielleicht das beste Zweikampfverhalten aller Nationen, sind Nummer sieben der Welt“, ordnete Löw die Südamerikaner als echten Prüfstein ein. Allerdings hat Deutschland nur einmal gegen Uruguay verloren - vor 83 Jahren mit 1:4!

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Deutschland: Neuer (Schalke 04/25 Jahre/17 Länderspiele) - Lahm (Bayern München/27/77), Friedrich (VfL Wolfsburg/31/80), Badstuber (Bayern München/22/10), Aogo (Hamburger SV/24/5) - Rolfes (Bayer Leverkusen/29/21), Kroos (Bayern München/21/15) - Müller (Bayern München/21/15), Özil (Real Madrid/22/23), Podolski (1. FC Köln/25/86) - Klose (Bayern München/32/108)

Uruguay: Muslera (Lazio Rom/24/17) - Maxi Pereira (Benfica Lissabon/26/50), Lugano (Fenerbahce Istanbul/30/55), Godin (Atletico Madrid/25/45), Caceres (FC Sevilla/24/25) - Perez (FC Bologna/31/62), Arevalo Rios (FC Botafogo Rio/29/17), Alvaro Pereira (FC Porto/25/26) - Forlan (Atletico Madrid/32/73) - Suarez (FC Liverpool/24/39), Cavani (SSC Neapel/24/25)

Schiedsrichter: Benquerenca (Portugal)