Löws Optionen - Kroos: Ohne Schweinsteiger stark genug

Berlin (dpa) - Auch nach dem von Bundestrainer Joachim Löw als „sehr bitter“ eingestuften Ausfall von Kapitän Bastian Schweinsteiger stehen immer noch genügend Topspieler zur Verfügung, um beim großen Praxistest gegen England für den erhofften Motivationsschub Richtung EM zu sorgen.

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„Das werden nicht die ersten Spiele ohne Basti sein. Wir werden das auffangen“, versprach Weltmeister Toni Kroos in Berlin. Wichtig sei, dass der schon wieder am rechten Knie verletzte Kapitän (Innenbandteilriss) im Juni bei der kniffligen Tour de France an Bord sei, betonte Bayern-Profi Thomas Müller: „Egal, ob er jetzt zum ersten Spiel fit ist.“ Am Samstagabend (20.45 Uhr) kann Löw im Olympiastadion schon mal mögliche Alternativlösungen testen.

„Es ist wichtig, dass wir zusammenfinden“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff zur Bildung eines stabilen Teamgerüstes für die EM im Sommer. Ersatzkapitän Manuel Neuer, Mats Hummels, Sami Khedira, Toni Kroos, Thomas Müller und auch Mesut Özil - etliche verfügbare Weltmeister sollen zum Jahresauftakt vorangehen, Halt geben und Akzente setzen. Der angeschlagene Özil konnte am Donnerstagabend erstmals in dieser Woche am Mannschaftstraining teilnehmen. „Alles gut, fürs Wochenende bin ich fit“, meldete der Arsenal-Profi.

Die Länderspiele zwischen wichtigen Vereinsspielen wollen die deutschen Stars so gut wie möglich absolvieren. „Wenn wir schon da sind, wollen wir auch gewinnen“, bemerkte Real-Madrid-Profi Kroos. Auch Müller hob hervor, dass nach den beiden Freundschaftsspielen gegen England und Italien wieder „eine heiße Phase“ in den Clubs anstehe. „Die Gegner sind gut, wir wollen etwas zeigen“, sagte der Bayern-Profi. Löw will die Belastung der 25 Akteure klug verteilen. „Die Spielzeit wird sicherlich aufgeteilt werden“, verriet Müller.

Löw sucht in den Trainingseinheiten noch nach der richtigen Mischung. Er will einerseits einige EM-Wackelkandidaten sehen und einen Neuling wie den Leverkusener Jonathan Tah testen. Positive Resultate sind aber auch wichtig. „Das sind keine normalen Länderspiele“, sagte Löw. „Klar, es gibt Spieler, die wir kennen, da wissen wir genau, was sie können und leisten“, sagte der 56-Jährige zu seinen personellen Überlegungen. Es sei gut und wichtig, „auch Optionen zu haben“.

Das Fragezeichen hinter Schweinsteigers EM-Teilnahme erfordert im defensiven Mittelfeld die Probe anderer Lösungen. Kroos und Sami Khedira dürfte das Pärchen für das 34. Länderspiel gegen England sein. „Ich bin sehr froh, dass er einen guten Rhythmus hat“, sagte Löw über Khedira, der für das Nationalteam „sehr wichtig“ sei.

Löw muss aus Verletzungsgründen und wegen Formschwankungen einiger Nationalspieler in allen Bereichen improvisieren: Hinten fehlen Jérôme Boateng und Benedikt Höwedes. Im Mittelfeld fällt neben Schweinsteiger auch Ilkay Gündogan aus. Vorne gibt es mehrere Fragezeichen: Bayern-Bankdrücker Mario Götze benötigt Spielpraxis, Mario Gomez soll eine weitere Chance erhalten. „Wir werden da nicht die Nummer eins, zwei oder drei verteilen“, sagte Löw zur Hierarchie im Angriff. Auch Müller kann in die zentrale Spitze rücken.

„Die Lösungen werden je nach Situation und Gegner getroffen“, sagte Löw. Flexibilität ist gefragt. „Wir haben viele gute Spieler. Da kann man nicht sagen, dass elf Spieler gesetzt sind“, betonte der Bundestrainer mit Blick auf ein langes EM-Turnier mit maximal sieben Spielen inklusive Finale. „Wir haben ein sehr gut bestücktes Team“, bemerkte Scherzbold Müller zu den fußballerischen Möglichkeiten.

Eine Trumpfkarte ist Marco Reus. „Ich hoffe, dass er in erster Linie gesund bleibt, den Rhythmus beibehält und dann mit uns in die Vorbereitung geht“, sagte Löw über den Dortmunder: „Er hat die Fähigkeit, Spiele zu entscheiden. Er hat die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss und gute Laufwege. Er ist ein sehr wertvoller Spieler.“

Müller, Reus, Götze, Gomez, dazu Schürrle, Draxler, Özil, Volland - Löw hat gegen England viele offensive Möglichkeiten. Das englische Team, das ohne den verletzten Stürmerstar Wayne Rooney nach Berlin kommt, stuft er als echten Prüfstein ein. „Der Test tut uns nochmal gut“, bemerkte Kroos: „England hat eine gute besetzte Mannschaft.“

Die voraussichtliche Aufstellungen:

Deutschland: Neuer - Ginter, Mustafi, Hummels, Hector - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Reus - Götze

England: Butland - Clyne, Smalling, Cahill, Rose - Alli, Henderson - Lallana, Barkley, Milner - Kane

Schiedsrichter: Rocchi (Italien)