„Scheingeschäfte“? Medien: DFB droht Steuernachzahlung in der WM-Affäre 2006
Frankfurt/Main (dpa) - In der Affäre um die WM 2006 drohen dem Deutschen Fußball-Bund laut Medienberichten Steuernachzahlungen von geschätzt bis zu 25 Millionen Euro.
Die „Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR sowie die „Bild“-Zeitung haben enthüllt, dass die Steuerfahndung des Finanzamtes Frankfurt dem DFB vorwirft, den Fiskus bei der Rückzahlung eines ominösen Darlehens von 6,7 Millionen Euro an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus bewusst getäuscht zu haben. Die Medien zitierten aus einem Zwischenbericht der Steuerfahndung vom 24. Januar 2017, in dem von „Luftbuchungen“ und „Scheingeschäften“ die Rede ist.
Der Verband bestätigte am 9. März, dass es einen solchen Zwischenbericht gibt und kündigte eine Stellungnahme gegenüber den Finanzbehörden an. „Die vorläufige Bewertung der Finanzverwaltung wird von den Fachanwälten des DFB nicht geteilt“, heißt es in einer Erklärung. „Bislang hat die Finanzverwaltung keine geänderten Steuerbescheide erlassen. Weder die Finanzverwaltung noch die Staatsanwaltschaft haben ihre Ermittlungen abgeschlossen, sondern bislang nur vorläufige Bewertungen vorgenommen.“
Die ominösen 6,7 Millionen Euro stehen bereits seit der Enthüllung der WM-Affäre im Zentrum des gesamten Skandals. Auch der Untersuchungsbericht der Kanzlei Freshfields bestätigte vor einem Jahr, dass Franz Beckenbauer als Chef des WM-Organisationskomitees (OK) im Jahr 2002 eine solche Summe von Louis-Dreyfus erhalten habe. Das Geld floss anschließend auf ein Konto in Katar weiter, das einer Firma des früheren FIFA-Funktionärs Mohamed bin Hammam gehörte.
Auch die Steuerfahnder haben den Medienberichten zufolge noch keine Belege dafür gefunden, dass der Millionenbetrag im Vorfeld der WM-Vergabe als Schmiergeld verwendet und die Weltmeisterschaft 2006 damit gekauft worden sei. Sicher ist aber, dass der DFB die 6,7 Millionen Euro 2005 über den Weltverband FIFA an Louis-Dreyfus zurückzahlte und diese Überweisung in seiner Steuererklärung als Kostenbeitrag zu einer WM-Gala verbuchte, die jedoch nie stattfand.
Deshalb ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft bereits seit 2015 wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen die früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger sowie gegen den früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt.
Die Steuerfahndung wertet die 6,7 Millionen den Medienberichten zufolge als Privatgeschäft zwischen Beckenbauer und Louis-Dreyfus, das vom DFB niemals hätte als Betriebsausgabe angegeben und steuerlich geltend gemacht werden dürfen. Dadurch habe der Verband Steuern von 2,72 Millionen Euro hinterzogen.
Sollten die Finanzbehörden nun entsprechende Nachforderungen an den DFB erheben, drohen ihm nicht nur Zinszahlungen, sondern auch der Verlust der Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006. Deshalb könnten sich mögliche Forderungen auf rund 20 bis 25 Millionen Euro summieren.
Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger nannte den Bericht der Steuerfahnder gegenüber der „Bild“-Zeitung „in sich nicht schlüssig. Von einem Abschlussbericht ist die Steuerfahndung offensichtlich mit Blick auf die getroffenen Feststellungen wohl noch weit entfernt“.
Auch der DFB hielt an der umstrittenen Version fest, dass Beckenbauer die 6,7 Millionen Euro verwendet habe, um vor der WM einen Organisationskosten-Zuschuss von der FIFA zu erhalten. In diesem Fall sei auch die Rückzahlung im Jahr 2005 „betrieblich veranlasst“ und daher „grundsätzlich steuerlich abzugsfähig“ gewesen, heißt es in der Erklärung. „Die Zahlung ist zwar wahrscheinlich unter einer falschen Bezeichnung ausgewiesen worden, aber das steht nach geltendem Steuerrecht dem Betriebsausgabenabzug nicht entgegen.“