Nationalmannschaft Nach WM-Losshow: Löw quält die Quartierfrage
Moskau (dpa) - Nach der Rückkehr von der ersten WM-Dienstreise nach Moskau trommelt Joachim Löw seinen Trainer- und Expertenstab zusammen.
Ganz oben auf der WM-Agenda steht für den Bundestrainer bei den Feinplanungen für das ehrgeizige Ziel Titelverteidigung aber noch nicht die Auseinandersetzung mit den im Kremlpalast zugelosten Gruppengegnern Mexiko, Schweden und Südkorea. Priorität hatte für den Weltmeistertrainer schon beim Moskauer Abendessen mit Teammanager Oliver Bierhoff die schwierige Festlegung auf ein Basis-Quartier für die Nationalmannschaft im russischen Fußball-Sommer.
Schon in zwei Wochen läuft die FIFA-Frist für die Hotelbuchung am 15. Dezember ab, eine Woche später müssen laut Regeln des Weltverbandes die Verträge unterschrieben sein. Im Gegensatz zu den WM-Kontrahenten aus Brasilien (Sotschi), Argentinien (Moskau) und England (St. Petersburg), die sich schon vor der Auslosung auf eine WM-Dauerbleibe festlegten, steht der Weltmeister noch ohne fixe Hotelbuchung da.
Löw quält offensichtlich weiter die Frage: Sotschi oder Moskau? „In den nächsten Tagen werden wir uns daran machen, irgendwie voranzukommen in unseren Entscheidungsprozessen. Wir müssen uns mal irgendwann entscheiden, wohin wir gehen ins Base-Camp“, sagte Löw.
Die Krux: Der Wunschoption Sotschi mit Sonnengarantie am Schwarzen Meer steht die ungeklärte Frage nach einem Trainingsplatz im Wege. Nach dpa-Informationen aus FIFA-Kreisen will der DFB den gleichen Platz nutzen wie beim Confed-Cup-Sieg im Sommer. Das Übungsgelände ist bei der WM aber offizieller FIFA-Platz für die Teams, die in Sotschi ihre Spiele bestreiten. Es kann daher nicht vom Weltmeister reserviert werden.
Bereits im November hatte Oliver Bierhoff in anderen Zusammenhängen die strikten FIFA-Regularien bei der WM moniert. Der Teammanager ist nun gefordert, ideale Bedingungen zu schaffen wie beim WM-Triumph 2014, als das inklusive Trainingsplatz neu gebaute Campo Bahia zur Turnier-Oase wurde. „Wenn wir das wüssten“, entfuhr es Bierhoff im Kremlpalast auf die Frage nach der WM-Herberge. „Wir werden es nicht direkt entscheiden. Wir werden alle Daten sammeln“, kündigte er an.
Logistische Argumente für Sotschi lieferte die Auslosung durchaus. Die weit entfernten Spielorte Jekaterinburg und Kaliningrad bleiben dem DFB-Team erspart. Zu den Partien gegen Mexiko in Moskau (17. Juni/17.00 Uhr/MESZ) und Südkorea in Kasan (27. Juni/16.00 Uhr/MESZ) kann man von Sotschi ohne großen Aufwand reisen. Die zweite Partie gegen Schweden (23. Juni/20.00 Uhr/MESZ) wäre im Fisht-Stadion quasi ein Heimspiel.
Im weiteren Turnierverlauf wären St. Petersburg, Samara, Kasan und Moskau die möglichen Orte für die K.o.-Spiele. „Das ist schon mal ganz okay für uns. Da vermeiden wir die ganz langen Flüge“, sagte Löw. „Wir wissen, welche Anstoßzeiten da sind, welche Gegner, wir setzen uns mit den anderen Trainern zusammen, und dann werden wir entscheiden“, betonte Bierhoff.
DFB-Präsident Reinhard Grindel will sich aus der Entscheidung nun heraushalten und erklärte die Zimmersuche zur Trainer-Chefsache. „Wir werden das in Ruhe prüfen, was möglich ist. Und am Ende wird es natürlich eine Entscheidung vom Bundestrainer. Meine Meinung ist da völlig unerheblich.“
Löw startete sein WM-Brainstorming noch vor dem Rückflug bei einem Dinner mit Bierhoff. „Wir werden gemütlich essen gehen, und die einzelnen Gruppen noch mal genau anschauen, auch den weiteren möglichen Verlauf des Turniers“, berichte Löw im Erdgeschoss des Kremlpalastes von seinem Moskauer Abendprogramm.
Die Ausgangslage ist klar: Deutschland ist der logische Favorit auf den Spitzenplatz in der sonst ausgeglichenen Gruppe F. Dennoch warnte Löw routinemäßig: „Man muss in jedem Spiel bereit sein, das ist die Lehre, die ich gezogen habe aus den letzten Jahren.“ Wie eine WM-Mahnung droht ein Achtelfinale gegen Brasilien, wenn der Gruppensieg nicht gelingt.
Fast schon ehrfürchtig reagierten die Gegner auf ihre bevorstehenden Duelle mit dem Titelverteidiger. „Es gibt keinen größeren Gegner als Deutschland, sie sind Weltmeister, das wird großartig“, sagte Mexikos Coach Juan Carlos Osorio. Im Confed-Cup-Halbfinale waren die Mexikaner beim 1:4 gegen Löws Perspektiv-Team im Sommer chancenlos gewesen. Jetzt kommt es zum schnellen Wiedersehen im riesigen Moskauer Luschniki-Stadion mit 80.000 Plätzen.
„Natürlich ist das DFB-Team ein Team, das ich nicht unbedingt in unserer Gruppe haben wollte. Deutschland ist eins der drei besten Teams bei der WM, es wird sehr schwer, sie zu schlagen“, sagte HSV-Profi Albin Ekdal. Und Südkoreas Coach Shin Tae-Yong warnte: „Deutschland ist die beste Mannschaft, aber wir spielen zuerst gegen Schweden. Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns zu sehr auf Deutschland zu konzentrieren.“