„Ösi“-Rivalität: Rot für Löw und Brisanz in Wien

Wien (dpa) - Die sportliche Zukunft von Torwart Neuer ist geklärt - jetzt soll in Wien ein entscheidender Schritt Richtung EM 2012 folgen. Obwohl mit Träsch schon der sechste Spieler ausfällt, sind Kapitän Lahm und Kollegen von einem Prestige-Erfolg in Österreich überzeugt.

Der Charterflieger nach Wien hatte einen neuen Bayern-Star und ganz viel Zuversicht an Bord. Am Tag vor dem „Bruderduell und Prestigekampf“, wie Joachim Löw das ganz besondere Duell gegen den Nachbarn Österreich bezeichnet, beherrschte das Thema Manuel Neuer auch die Gespräche in und um das schwarz-rot-goldene Fußball-Eliteteam. „Viele Kollegen aus der Nationalmannschaft werden jetzt meine Mitspieler in München“, sagte der Neu-Münchner Neuer erfreut, bevor er mit der DFB-Auswahl am Vatertag in die österreichische Hauptstadt aufbrach.

Für den von Bundestrainer Löw geforderten „perfekten Saisonabschluss“ am Freitag im ausverkauften Wiener Happel-Stadion und vier Tage später in Aserbaidschan müssen zwei Siege her. „Doch ein Selbstläufer werden die beiden Spiele nicht“, warnte Löw: „Die Österreicher waren selten so leistungsstark wie jetzt“, sagte der DFB-Chefcoach zum Kontrahenten, der zuletzt bei der EM 2008 mit 1:0 bezwungen worden war.

„Damals war ich die Ruhe selbst“, flunkerte Löw. Denn nach heftigen Verbalduellen mit dem damaligen „Ösi“-Coach Josef Hickersberger und der Roten Karte hatte Löw das Ende des EM-Spiels auf der Tribüne erlebt - und bis zum Abpfiff gezittert und gelitten.

„Mit Sicherheit ist es immer ein brisantes Duell. Es ist immer eine gewisse Rivalität da. Es wir nicht leicht, aber unsere Mannschaft hat die Qualität, in Österreich zu bestehen“, erklärte Kapitän Philipp Lahm zum ganz speziellen Spiel - allerdings mehr für den Gegner. „Die Rivalität ist sehr einseitig. Deutschland hat andere Erzrivalen wie England oder Holland“, bemerkte Bundesliga-Profi Martin Harnik, der in Hamburg geborene „Ösi“ des VfB Stuttgart.

Seit Cordoba, als die Österreicher 1978 den großen Bruder aus der WM in Argentinien warfen, träumen die Nachbarn von weiteren Triumphen. Doch seither gewann Deutschland alle Pflicht-Duelle. „Die Erwartungen dort sind immer groß“, weiß Löw auch aus seiner Zeit als Trainer des FC Tirol und von Austria Wien. Und „viertklassig sind sie mit Sicherheit überhaupt nicht“, betonte Lahm erstaunt auf eine entsprechende Frage nach der Qualität des Gegners.

Zudem ist es für Österreich in der laufenden EM-Ausscheidung die letzte Chance. Während das DFB-Team mit fünf Siegen in fünf Spielen eine makellose Bilanz vorweisen kann, steht Österreich mit sieben Punkten nur auf Rang vier der Qualifikations-Gruppe A. Für Lahm ist vor allem die intensive einwöchige Vorbereitung ein Trumpf: „Wir sind gut vorbereitet. Wir wollen drei Punkte einfahren, in Aserbaidschan nachlegen und dann mit positiver Stimmung in die Sommerpause gehen.“

Dass in dem Stuttgarter Träsch nach den Ausfällen von Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose, Per Mertesacker, Sven Bender und Marco Reus schon der sechste Spieler verletzt passen musste, verunsichert Löw nicht. Träsch war wegen einer Kapselbandverletzung am linken Knöchel in die Heimat statt nach Österreich gereist.

So flogen nur noch 16 Feldspieler und drei Torhüter nach Wien. Neue Spieler wollte Löw nicht dazuholen. Das spricht auch dafür, dass die medizinische Abteilung den Wettlauf mit der Zeit um den Einsatz von Sami Khedira gewinnen kann. Der 24-Jährige von Real Madrid stieg nach seinem Muskelbündelriss wieder voll ins Teamtraining ein.

„Er gibt hundertprozentig Gas“, beschrieb Real-Kollege Mesut Özil seine Eindrücke auf dem Übungsplatz. Ob Khedira im Happel-Stadion wirklich wieder in der Mittelfeld-Zentrale die Kommandos geben kann, wollte Löw mit seinen Trainerkollegen und den DFB-Medizinern erst nach dem Abschlusstraining in Wien entscheiden.

Auch wenn es für Khedira nicht reichen sollte, bleibt Kapitän Lahm von einem Erfolg auf der letzten Mission 2010/11 überzeugt. „Wir haben die Tage genutzt, um unser ganzes System zu verfeinern. Deshalb sehe ich da überhaupt keine Probleme“, betonte der Münchner mit Hinweis auf die Vergangenheit: „Wir haben schon öfter bewiesen, wenn Stammkräfte ausgefallen sind, dass unser System stabil ist.“

Den Konkurrenzkampf hält Lahm ohnehin für unerlässlich, um tatsächlich die Titelgewinne bei der EURO 2012 und der WM 2014 angehen zu können. „Bei uns wird kein Spieler nominiert, nur dass er dabei ist. Jeder muss um seinen Platz kämpfen. Nur so funktioniert es in einem Topteam“, betonte der 78-malige Nationalspieler.

Lukas Podolski hat das begriffen, der Kölner gibt im Training besonders Gas, um seinen Stammplatz gegen Herausforderer André Schürrle zu verteidigen. Beispielhaft ist für Lahm auch die Situation im Angriff mit Klose und Mario Gomez: „Leider ist Miro verletzt, da ist Mario da und macht die Tore.“