Nationalmannschaft Quartier für die Nationalelf: Warum Sotschi Löws Favorit ist

Der Bundestrainer bevorzugt ein Quartier am Schwarzen Meer im nächsten Sommer. Ob das möglich ist, wird die Auslosung am Freitag zeigen.

Joachim Löw würde gerne im sonnigen Sotchi Quartier beziehen.

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Moskau/Frankfurt. Joachim Löw gehört definitiv zur Gattung jener Menschen, die Entspannung benötigen, um unter Anspannung zu funktionieren. Und so ist das Bild vom lässigen Bundestrainer, der in Bermuda-Shorts in Brasilien am Strand sitzt und vor dem Campo Bahia aufs Meer schaut, von der WM 2014 genauso in Erinnerung geblieben wie der Moment, in dem er im Finale im Maracanã dem eingewechselten Mario Götze ins Ohr flüstert, nun bitte gleich der Welt zu zeigen, besser als Lionel Messi zu sein.

Nach dem schwarz-rot-goldenen Rausch kam später ausführlich zur Sprache, welch großen Anteil das abgelegene Quartier am Atlantischen Ozean an diesem Triumph hatte. Und spätestens als bei der Feier vor dem Brandenburger Tor die Weltmeister wohlfeil nach ihren Wohngemeinschaften geordnet die Bühne betraten, war offenkundig, dass auch Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff als Quartiermeister alles richtig gemacht hatte. Die nur per Fähre erreichbare Bungalowanlage erwies sich als Schlüssel zum vierten Stern.

Es ist also gar nicht vermessen, dass es zur von Löw wie Bierhoff ausgerufenen Mission Titelverteidigung 2018 in Russland nicht nur Ballfertigkeit braucht, sondern auch eine Basis, an dem sich für mehr als einen Monat gut leben und möglichst nicht zu lange in andere Spielorte reisen lässt. Noch ist keine Festlegung getroffen. Erst wenn am Freitag (16 Uhr MESZ/ZDF) im Moskauer Kreml die WM-Endrunde ausgelost ist, steht fest, gegen wen, wann und wo der Weltmeister spielen wird. Anschließend wird die Quartierfrage geklärt. Russland ist als Gruppenkopf A1 gesetzt, die sieben anderen Teams aus dem ersten Topf, darunter Deutschland, werden als weitere Gruppenköpfe (von B1 bis H1) zugelost. Macht also sieben verschiedene Wege mit ganz unterschiedlichen Reiseplänen bis zum Finale am 15. Juli in Moskau.

Was wäre die beste Wohlfühloase fürs deutsche Team im Riesenreich? Löw macht gar keinen Hehl daraus, wieder in die Sonne zu wollen, um das allgemeine Befinden zu steigern. Sein bevorzugter Ort: der vom Confed Cup der deutschen Delegation gut bekannte Badeort Sotschi. Gewiss kulturell nicht repräsentativ für das Riesenreich, aber darum geht es dem 57-Jährigen nicht. „Der Wohlfühlfaktor dort ist hoch. Wir haben uns bei gutem Wetter sehr gut gefühlt“, verriet der Badener kürzlich im kleinen Kreis.

Oliver Bierhoff, Nationalmannschaftsmanager, zur Quartiersuche

Eine entspannte Atmosphäre, die in dieser Form sicherlich nicht entsteht, wenn als Domizil der Großraum Moskau — und dann vielleicht ein Hotelkomplex in Fichtenwäldern nahe der vorgelagerten Stadt Ramenskoje — ausgewählt wird. Vorteil dort: Der Flughafen Moskau-Schukowski, ein ehemaliger Militärflugplatz, ist ganz in der Nähe.

Sotschi oder Großraum Moskau? Auf beide Optionen hat der Weltmeisterverband die Hand drauf. Die Logistik wird komplex. „Es gibt eklatante Unterschiede in den Reisezeiten zwischen Moskau und Sotschi. Es gibt Gruppen, da sind die Flugzeiten doppelt so lang wie in anderen“, beteuert Bierhoff. „Es sind viele Aspekte zu beachten.“ Der 49-Jährige steckt ein bisschen in der Zwickmühle: Bei der WM 2014 bediente die damals nach den DFB-Wünschen erbaute Residenz nahe des verlassenen Fischerdörfchens Santo André noch die romantische Schiene, ehe nach der EM 2016 die nächtlichen Busfahrten in die Herberge in Évians-les-Bains als beschwerlicher Stimmungskiller galten. „Campo Bahia war reisetechnisch auch nicht immer einfach“, erinnert Bierhoff, der zudem berücksichtigen muss, dass auch der mediale Begleittross akzeptable Bedingungen bekommt.

Wichtigster Ansprechpartner ist Büroleiter Georg Behlau, der den WM- Spielplan vermutlich schon in- und auswendig kennt. Nur ein Beispiel: Als Gruppenkopf B1 würde Deutschland am 15. Juni (21 Uhr) in Sotschi beginnen, dann in Moskau und Saransk weiterspielen — das wäre alles aus der Olympiastadt machbar. An Position C1 ginge es jedoch am 16. Juni (13 Uhr) in der Tartarenstadt Kasan los, im fernen Jekaterinburg und in Moskau weiter — da wäre ein Domizil im russischen Süden wenig vorteilhaft. Und auch Löw weiß, dass es Varianten gibt, „bei denen von Sotschi aus über 10 000 Flugkilometer mehr zu absolvieren sind als von Moskau — das müssen wir natürlich berücksichtigen.“ Die endgültige Entscheidung, das stellte der Bundestrainer klar, „die treffe ich“. Für die Gretchenfrage auf dem Weg zum fünften Stern.