Saisonstart Startschuss für die Gala-Liga des Westens

Der KFC Uerdingen strebt nach ganz oben, der Wuppertaler SV ist bescheiden: Die Regionalliga West startet am Freitag mit allerhand Traditionsclubs aus dem Fußball-Westen.

Michael Wiesinger und sein Assistent Stefan Reisinger (rechts, einst Stürmer bei Fortuna Düsseldorf) haben mit dem KFC Uerdingen einiges vor.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld/Wuppertal. Heftig sei es, wie schnell fünf, sechs Wochen vorbeigehen. Im Fußball meint er. „Wir freuen uns, dass es losgeht,“ sagt Michael Wiesinger. Ernstfall mögen Profis lieber als das zähe Vorspiel. Und Wiesinger ist Profi. Er stand beim FC Bayern München unter Vertrag, gewann 2001 die Champions League. Ohne freilich auf dem Rasen gestanden zu haben. Jetzt steht er als Trainer am Spielfeldrand, wie er das einst schon beim 1. FC Nürnberg in der ersten Liga tat, und soll ein äußerst ambitioniertes Projekt beim KFC Uerdingen vorantreiben.

Foto: Otto Krschak

Präsident Mikhail Ponomarev hat es eilig mit dem Traditionsclub. In zwei Jahren soll’s bitte schön die 3. Liga sein. Gerne auch schon 2018. Dafür hat der Russe, der sich zuvor in Düsseldorf bei Fortuna und der DEG eingebracht hat, alles auf den Kopf gestellt. Selten ist ein Oberligameister derart in der Sommerpause gewendet worden. Bei der Generalprobe vor dem Start morgen gegen Kölns Amateure in der Grotenburg hatten es beim 0:0 gegen Bundesligist Köln gerade noch drei Meisterspieler des Vorjahrs in die Startformation geschafft.

Das ist der KFC-Kader für die Saison 2017/18
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Die bekanntesten Neuen sind die Ex-Profis Torhüter René Vollath, Alexander Bittroff, Christian Dorda, Mario Erb, Marcel Reichwein und Christopher Schorch. Im Kader stehen Spieler mit rund 770 Zweitligaspielen und 800 Spielen in der 3. Liga. Dass 16 der 18 Trainer den KFC als aussichtsreichen Anwärter auf die Meisterschaft nennen, ist bei so viel Erfahrung im Team nicht überraschend. Wiesinger geht damit gelassen um: „Das belastet mich nicht. Es treibt mich aber auch nicht. Das hier beim KFC ist ein gutes Ding. Mir macht es riesig Spaß.“ Der Club konnte nach zwei Jahren in der Oberliga Niederrhein die Rückkehr in die viertklassige Regionalliga schaffen.

Nur Viktoria Köln genießt als Vorjahres-Meister noch höhere Wertschätzung. 17 Trainer trauen Köln die erneute Teilnahme an den Aufstiegsspielen zur 3. Liga zu. In der vergangenen Spielzeit hatte die Mannschaft von Trainer Marco Antwerpen bereits den Titel in der West-Staffel gewonnen, konnte sich dann aber nicht in der Aufstiegsrelegation gegen den Nordost-Ersten CZ Jena behaupten (2:3,1:0).

Der Wuppertaler SV in der Saison 2017/18
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Der Wuppertaler SV in der Saison 2017/18

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Die Saison startet am Freitag (19.30 Uhr) mit dem Eröffnungsspiel Alemannia Aachen gegen die U23 des Bundesligisten Borussia Mönchengladbach. Neben dem SV Westfalia Rhynern, der erstmals in die Regionalliga aufsteigen konnte, sind mit Alemannia Aachen, RW Essen, RW Oberhausen, KFC Uerdingen, der SG Wattenscheid und dem Wuppertaler SV sechs frühere Bundesliga-Vereine vertreten.

„Hier hat der Westen ein echtes Alleinstellungsmerkmal: Tradition und Moderne sind bei den Clubs der Regionalliga West in geballter Form vorhanden. Die Tradition lässt Emotionen aufkommen“, sagte Hermann Korfmacher, Präsident des Westdeutschen Fußballverbandes (WDFV).

Zu dieser Tradition gehört auch der Wuppertaler SV: Dort hält man im Gegensatz zum KFC den Ball flach, erinnert sich allerdings gern an die Saison vor zwei Jahren, als die Wuppertaler den damals ebenfalls als Favorit gehandelten Uerdingern die Oberliga-Meisterschaft weggeschnappt hatten. „Spielerisch weiterentwickeln und möglichst einen einstelligen Tabellenplatz erzielen“, formuliert Stefan Vollmerhausen die Ziele nach Platz elf im ersten Regionalliga-Jahr.

In dem hatte der WSV als Aufsteiger lange für positive Schlagzeilen gesorgt, sich bis zum 25. Spieltag bis auf Platz vier vorgearbeitet, dann allerdings im Anschluss durch zehn sieglose Spiele in Folge eine bessere Platzierung verspielt. Diese Enttäuschung sei verarbeitet, genau wie die auch finanziell schmerzhafte Niederlage im Halbfinale des Niederrheinpokals gegen RW Essen.

Ungeachtet dessen hat der WSV seinen Etat allein für die erste Mannschaft um knapp 200 000 Euro auf 850 000 Euro erhöht. Das entspricht dem von Sportvorstand Manuel Bölstler ausgearbeiteten Konzept 2020, wonach der WSV bis dahin schrittweise in die Lage gebracht werden soll, ans Tor zur Dritten Liga zu klopfen.

Neun Neue hat der WSV geholt, dabei viel auf Regionalliga-Erfahrung gesetzt. Die langen Gino Windmüller (von RWE) und Pierre Becken sollen die Defensive weiter stabilisieren. Insbesondere in der Offensive dürfte der Konkurrenzkampf durch die Neuen deutlich angeheizt werden. Dass in der Vorbereitung gegen hochkarätige Gegner wie Gladbach, Bielefeld oder Saarbrücken wenige Tore erzielt wurden, findet Vollmerhausen auch deren Klasse geschuldet.

Viel dürfte beim Wuppertaler SV davon abhängen, ob der Saisonstart gelingt, wobei der Trainer den Auftaktgegner Bonner am SC am Samstag als sehr unangenehme Mannschaft bezeichnet — und danach geht es zu RWE.