Schalke: Wir sind keine Kopie
Das Derby gegen Dortmund elektrisiert die Fans. Wie der BVB setzen auch die Knappen mittlerweile auf Talente.
Gelsenkirchen. Der LKW mit der gelben Flüssigkeit ist noch nicht in Gelsenkirchen angekommen. In einem Imagefilm suggeriert Borussia Dortmund, Adrenalin im Überfluss zu haben — und verteilt den Leistungsbeschleuniger großzügig an die Konkurrenz, darunter auch an den heiß geliebten Feind in Gelsenkirchen. Eine PR-Aktion mit Zündstoff — noch dazu so kurz vor dem Derby am Samstag.
Die BVB-Verantwortlichen strotzen in diesen Tagen vor Selbstbewusstsein. Nicht ohne Grund: Schließlich haben sie den vor wenigen Jahren noch bankrotten Klub beinahe vollständig saniert, die Mannschaft überraschend zur Meisterschaft geführt und zu einem bundesweit anerkannten, dauerhaften Spitzenteam geformt. Dass die Ausstrahlung der Dortmunder aber soweit gehen könnte, dass die Schalker sich vom ungeliebten Reviernachbarn Nachhilfe in Sachen Leidenschaft und Identität erbeten müssten, ist nicht mehr als eine der üblichen Spitzen vor dem brisanten Duell. „Wir sind ein stolzer Verein, wir haben unseren eigenen Anspruch“, sagt Schalkes Manager Horst Heldt dazu.
Und doch gleichen sich beide Klubs derzeit mehr, als es ihnen in ihrer Hassliebe lieb sein kann. Denn auch die Schalker versuchen, mit jungen, talentierten Spielern wie Lewis Holtby, Julian Draxler oder Joel Matip ihren eigene Zukunft ohne permanente millionenschwere Transfers erfolgreich zu gestalten. Die Dortmunder haben dies in beeindruckender Weise mit aus der Jugend beförderten Spielern wie Mario Götze, Kevin Großkreutz oder Marcel Schmelzer vorgemacht. Und die Schalker, das würde niemand der Verantwortlichen bestreiten, eint ein ähnliches Ziel.
Doch auch wenn Horst Heldt in der jüngeren Vergangenheit mehrfach die bemerkenswerte Entwicklung des BVB feststellte und lobte, so zog er unmittelbar vor dem Derby doch eine klare Grenze. „Wir sind keine Kopie von irgendeinem anderen Verein“, sagte Heldt.
Auch Huub Stevens will es nicht zu Verwechslungen kommen lassen. „Man kann nur Respekt davor haben, wie Dortmund in den letzten Jahren vorgegangen ist“, sagt der Schalker Trainer. „Aber wir wollen auch einen Weg gehen, wollen Schritt für Schritt weiterkommen. Heute ist die nächste Möglichkeit, wo wir versuchen zu lernen und erfolgreich zu sein.“
Bei den Schalkern fallen weiterhin Angreifer Jefferson Farfan und Verteidiger Benedikt Höwedes mit Knieverletzungen aus. Aber auch der BVB muss zumindest auf einen wichtigen Spieler verzichten: Sven Bender zog sich unter der Woche bei der 1:2-Niederlage bei Arsenal London in der Champions League einen doppelten Kieferbruch zu. Auch der Einsatz von Mario Götze ist ungewiss. Der 19-Jährige leidet unter einem Pferdekuss am Oberschenkel. „Jetzt geht es darum, sich dieser besonderen Herausforderung zu stellen, gegen extrem starke Schalker zu bestehen“, sagt BVB-Trainer Jürgen Klopp, immer um Nüchternheit bemüht.
Beide Teams begegnen sich, anders als im Vorjahr, auf Augenhöhe und kämpfen um den Verbleib in der Spitzengruppe der Bundesliga. Allein deshalb ist bereits auf beiden Seiten eigentlich für genug Adrenalin gesorgt.