Schweinsteiger nun Fan - Löw: „Großer Spieler und Mensch“
Mönchengladbach (dpa) - Ab sofort ist Bastian Schweinsteiger Fan. Schon am Sonntag will der Fußball-Nationalspieler a.D. es sich vor dem Fernseher gemütlich machen und seinen langjährigen Kollegen beim kniffligen Start in die WM-Qualifikation gegen Norwegen zuschauen.
„Ich drücke ganz fest die Daumen, dass die Nationalmannschaft weiterhin so viel Erfolg und eine gute Zukunft hat“, sagte der 32-Jährige, als er nach dem tränenreichen Abschied kurz vor Mitternacht in Mönchengladbach letztmals als Kapitän sprach. Seinen Erben gab er einen guten Rat mit auf die Reise nach Oslo: „Ich glaube, auswärts ist es nicht so einfach. Man muss mit Sicherheit hundert Prozent Leistung abrufen, um auch in Norwegen zu gewinnen.“
Sein letzter Sieg im Nationaltrikot war sportlich nicht mehr so bedeutsam. Aber der stimmungsvolle Rahmen beim 2:0 gegen Finnland im Borussia-Park wird für einen der ganz Großen in der so ruhmreichen DFB-Historie unvergesslich bleiben. „Mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft in Rio gehört dieser Tag sicherlich zu den emotionalsten“, resümierte Schweinsteiger: „Rio war sehr, sehr emotional. Jetzt hat man gesehen, dass mich dieser Abend auch berührt hat. Es war auf alle Fälle ein schöner Moment.“ Vater, Mutter, Bruder und auch Lukas Podolski, der alte Kumpel, waren Teil der Party.
Die schwarz-rot-goldene Kapitänsbinde nahm Schweinsteiger als Andenken mit in den Ruhestand. Mit einem schwarzen Plastikbeutel stand er in den Stadionkatakomben, sprach dankbar in die Mikrofone. Der Wechsel an der Führungsspitze der Weltmeister-Equipe wurde nicht im Rahmen seines 121. Länderspiels vollzogen. Joachim Löw gönnte den kompletten Abend ganz allein dem Mann mit der Nummer „7“.
Schweinsteiger genoss den Abschied, die Zuneigung übermannte ihn. „Ich muss mich sehr bedanken, weil ich nicht davon ausgegangen bin, dass es mich so sehr berührt. Es ist aus dem Herzen gekommen“, sagte Schweinsteiger über die vielen Tränen, die ihm vor dem Anpfiff aus den Augen quollen. „Ich bin sehr, sehr glücklich. Es war ein toller Tag. Ich hatte eine wunderschöne Zeit bei der Nationalmannschaft.“
Manuel Neuer und Thomas Müller trugen ihn auf Schultern. Die Mitspieler warfen ihn vor der Fankurve viermal in die Höhe, eskortierten ihn auf der Ehrenrunde. Die Abschiedsszenen gingen auch Löw nahe. „Ich war bei der Auswechslung von Basti emotional schon sehr stark berührt. Wir haben zwölf Jahre zusammengearbeitet.“
Für ihn als Bundestrainer seien Schweinsteiger und Podolski, der wegen einer Fußverletzung einen separaten Abschied Ende März 2017 bei einem Heimspiel erhalten soll, „Konstanten“ seiner Amtszeit gewesen. „Was ich neben seinen herausragenden fußballerischen Fähigkeiten und neben seinen herausragenden Leistungen, allen voran natürlich 2014 im wichtigsten Spiel der letzten Jahre im Maracana geschätzt habe und für mich bemerkenswert war, ist seine Menschlichkeit, seine Ehrlichkeit und natürlich auch seine Fairness.“
Schweinsteiger habe auch „manchmal die Zähne zusammenbeißen“ müssen bei einigen harten Entscheidungen, betonte Löw: „Aber er hat die Mannschaft immer über sein eigenes Ich gestellt.“ Der Bundestrainer rühmte seinen Anführer nach sechs gemeinsamen Turnieren: „Ich habe persönlich Basti viel zu verdanken. Ich glaube, ohne ihn wären die durchgängigen Erfolge, immer im Halbfinale zu sein, nicht möglich gewesen. Er war ein großer Spieler und auch ein großer Mensch.“
Die Ära Schweinsteiger im Nationalteam ist Vergangenheit. Gegenwart und Zukunft des Fußball-Profis Schweinsteiger sind zugleich ungewiss. Für Manchester United wird der langjährige Bayern-Star wohl nicht mehr auflaufen dürfen. Für den Ruhestand fühlt er sich mit 32 Jahren zugleich zu jung. „Ich liebe den Sport, ich mag es, auf dem Platz zu stehen“, sagte Schweinsteiger. Die Zukunft könnte USA heißen, 2017, wenn in der Major League Soccer das Transferfenster wieder aufgeht.