Schweinsteiger will „elf Kapitäne“

Frankfurt/Main (dpa) - Acht Monate nach dem Triumph von Rio sieht Bastian Schweinsteiger den wohl emotionalsten Abend seiner Karriere ganz rational. „Groß geändert hat sich nichts“, sagte der Weltmeister in Frankfurt.

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Dabei sind die Bilder vom grätschenden und blutenden Schweinsteiger im WM-Finale im Maracanã-Stadion den Fußballfans noch allgegenwärtig. „Auf der Autogrammkarte steht halt noch ein Titel mehr“, bemerkte der Endspiel-Held beim persönlichen Neubeginn in der Nationalmannschaft mit einem Lächeln. „Ich brauchte nach der Verletzung eine Auszeit, um wieder da zu stehen, wo ich bin. Es hat viel Kraft gekostet. Es hat sich rentiert.“

Schweinsteiger wurde mit seinem Einsatz und seiner Leidensfähigkeit gegen Argentinien zum Sinnbild des unbedingten Siegeswillens, im sechsten Anlauf hatte er endlich den ersehnten großen Titel mit dem DFB-Team gewonnen. Löw bestimmte den 30 Jahre alten Münchner danach zum Nachfolger des zurückgetretenen Kapitäns Philipp Lahm, erst einmal auf Zeit bis zur EM 2016 in Frankreich. Doch erst jetzt ist Schweinsteiger als Kapitän erstmals wieder im DFB-Team dabei.

„Natürlich ist es eine große Verantwortung. Ich war schon einige Male Kapitän, jetzt ist es offiziell. Es ändert sich nicht viel. Ich bin eh ein Spieler, der denkt, es müssen elf Kapitäne auf dem Platz stehen, um zu gewinnen“, sagte der Münchner.

Ob der 108-malige Nationalspieler das DFB-Team am Mittwoch im Testspiel gegen Australien von Beginn an als Kapitän auf dem Platz führt, hat Joachim Löw noch nicht entschieden. Die Rückkehr des WM-Helden sei aber ein „wichtiges Zeichen“, sagte der Bundestrainer: „Jeder weiß, wie er bei der WM gespielt hat in den ganz großen Spielen, was er für eine Präsenz hat auf dem Platz.“

„Natürlich ist es eine Ehre, aber auch eine Pflicht. Ich hoffe, dass wir die Aufgaben als Nummer 1 der Welt erfüllen. Das ist nicht ganz so einfach“, bemerkte Schweinsteiger mit dem Hinweis, dass die Gegner gegen den Weltmeister „anders spielen als gegen andere Nationen“. Entscheidend sei, die Punkte in der EM-Qualifikation zu holen. „Das ist das A und O“, sagte Schweinsteiger mit Blick auf das Spiel am kommenden Sonntag in Georgien.

Wegen einer lädierten Patellasehne konnte Schweinsteiger erst im November 2014 in München wieder in den Spielbetrieb einsteigen. „Beim FC Bayern hat man zuletzt gesehen, dass Bastian eine gute Form hat und eine wichtige Führungsrolle einnimmt“, sagte Löw.

Es wird ein emotionales Spiel für Schweinsteiger auf dem Betzenberg, nicht nur wegen seines Auswahl-Comebacks. In Kaiserslautern hatte er gemeinsam mit Lukas Podolski am 6. Juni 2004 beim 0:2 gegen Ungarn sein erstes Länderspiel bestritten. Das Debüt ging genauso daneben wie seine erste EM-Teilnahme anschließend in Portugal. Dort war schon nach der Vorrunde Schluss. Unter Jürgen Klinsmann stiegen die Freunde „Poldi“ und „Schweini“ zu den Lieblingen der schwarz-rot-goldenen Nation auf, sorgten mit für das Sommermärchen bei der Heim-WM 2006.

Während Podolski im Nationalteam nun schon seit längerer Zeit seinen eigenen Ansprüchen hinterherläuft, hat sich Schweinsteiger als Chef behauptet und zurückgekämpft. Und bis mindestens zur EM 2016 in Frankreich soll das so bleiben. „Der Weg der Mannschaft ist noch nicht am Ende“, sagte Schweinsteiger. „Wir sind Weltmeister, die Nummer 1 der Welt. Wir haben an uns selbst den Anspruch, dass wir uns zeigen. Es liegt an uns, ob wir Spiele gewinnen oder nicht.“