Algeriens Endspiel: „Es ist noch nichts verloren“
Porto Alegre (dpa) - Die Niederlage gegen Belgien hat Spuren hinterlassen bei Vahid Halilhodzic. Die Stimmung im Training in Sorocaba war unter der Woche gedrückt, der Trainer der algerischen Fußball-Nationalmannschaft grübelte viel über den verpatzten WM-Auftakt.
Dabei weiß auch der 61 Jahre alte Bosnier, dass ein 1:2 gegen die als Geheimtipp gehandelten Belgier keine Schande ist. Doch im zweiten Gruppenspiel gegen Südkorea stehen die Wüstenfüchse am Sonntag schon mächtig unter Druck. Noch eine Niederlage und auch die vierte Weltmeisterschaft des nordafrikanischen Landes endet wie die drei vorherigen in den Jahren 1982, 1986 und 2010 - mit einem Ausscheiden nach der Vorrunde.
Dieses Szenario will Halilhodzic mit seiner jungen Mannschaft unbedingt vermeiden. In der Heimat sind die Hoffnungen und Erwartungen riesig. Als Nummer 22 der FIFA-Weltrangliste ist Algerien nach Brasilien gereist - als bestes afrikanisches Team, noch vor der Elfenbeinküste, Nigeria oder Ghana. Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika schickte vor dem Duell mit Südkorea ein Schreiben voller Pathos und Aufmunterung an die algerische Delegation in Brasilien.
„Ich wünsche euch ebenso wie das ganze algerische Volk, nicht aufzugeben und zu beweisen, dass ihr verdientermaßen bei der WM dabei seid“, schrieb Bouteflika. „Euer Volk ist sicher, dass ihr in der Lage seid, Algerien und dem ganzen arabischen Volk Ehre zu erweisen mit einem Sieg (gegen Südkorea), der in Reichweite ist.“
Auch Halilhodzic weiß um die Bedeutung der Auftritte seiner Elf. Der frühere Trainer von Paris Saint-Germain und ehemalige Torjäger des FC Nantes versucht in Brasilien ein wenig Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Dem knorrigen Mann mit dem silbergrauen Haar geht es dabei weniger um die Schande von Gijon und das schmerzhafte Vorrunden-Aus bei der WM 1982. Vor vier Jahren führte Halilhodzic die Elfenbeinküste zur Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika - und wurde kurz vor dem Turnier durch den Schweden Sven-Göran Eriksson ersetzt. „Das hat mir wehgetan“, hat er einmal ungewohnt offenherzig verraten.
Umso bedeutungsvoller für seine internationale Wahrnehmung und Reputation sind nun die Auftritte Algeriens im Schaufenster der Weltöffentlichkeit. Von der Darbietung seiner Elf gegen Belgien war Halilhodzic enttäuscht. „Wir haben den Gegner spielen lassen, wir sind nicht genug gelaufen. Beim ersten Tor haben wir uns naiv angestellt“, analysierte der Chefcoach. Tatsächlich stand das Team nach dem überraschenden Führungstreffer durch einen von Sofiane Feghouli (25.) verwandelten Foulelfmeter 65 Minuten hinten.
Das algerische Internetportal www.dzfoot.com stellte prompt die Frage, ob dies eine Anweisung des Trainers gewesen sei oder ob die Spieler auf dem Platz die Defensivtaktik selber gewählt hatten. Für das Gruppenfinale gegen Südkorea jedenfalls dürfte Halilhodzic die eine oder andere personelle Alternative erwägen. „Es ist noch nichts verloren“, trichterte er dieser Tage immer wieder seinen Spielern ein. Seinen Job allerdings scheint er - unabhängig vom Ausgang des WM-Turniers - schon verloren zu haben. Halilhodzics Vertrag läuft nach der WM aus. Der Franzose Christian Gourcouff soll bereitstehen.