Italien wackelt - Gegen Uruguays „Monster“ droht K.o.
Recife (dpa) - Auch dem italienischen Fußball-Imperium droht der Einsturz. Der viermalige Weltmeister steht bei den verrückten Fußball-Festspielen in Brasilien vor dem gleichen Schicksal wie den krachend gescheiterten Spaniern und Engländern.
Nach dem 0:1 gegen das wundersame Costa Rica muss der Deutschland-Bezwinger der EM 2012 das brisante Vorrunden-Finale gegen Uruguay für sich entscheiden. „Ich bin mir sicher: Gegen Uruguay werden wir es viel besser machen. Wir haben noch eine Chance, entweder kommen wir dann weiter oder wir fliegen raus. Das Ergebnis ist absolut offen“, sagte Italiens ernüchterter Nationaltrainer Cesare Prandelli tief im Innern der Arena Pernambuco in Recife.
„Ein totales Desaster“, kommentierte der „Corriere dello Sport“ die Schlappe gegen die Ticos, die 16 Millionen enttäuschte Italiener im TV verfolgt hatten. Balotelli, der sich wieder einmal frustriert eine unnötige Gelbe Karte abgeholt hatte, und der weitgehend wirkungslose Andrea Pirlo waren derart bedient, dass sie wortlos durch die Mixed Zone stapften und keinen Einblick in ihr Seelenleben gewährten.
Nach dem Sieg zum Auftakt gegen England im Schwitzkasten von Manaus traten die Italiener in der Hitze von Recife gegen die perfekt eingestellten, aber keinesfalls übermächtigen Athleten aus Costa Rica nicht wie ein ernsthafter Anwärter auf den Titel auf. Im Gegenteil. Selbst das Überstehen der Vorrunde ist nun im Alles-oder-nichts-Match gegen Uruguay am Dienstag in Natal in Gefahr.
Denn deren Top-Stürmer Luis Suárez hat sich mit einem Doppelpack gegen England offensichtlich in WM-Form geschossen. Von seinem Mitspieler Diego Godin liebevoll-furchterregend „Monster“ getauft, will Englands Torschützenkönig der vergangenen Saison nun sein Team mit einem Sieg gegen Italien ins Achtelfinale schießen. „Pistolero Suárez, der neue Alptraum“, kommentierte die „Gazzetta dello Sport“.
„Gekocht und gegessen. Vernichtende azurblaue Niederlage. Ein mattes und müdes Italien macht sich selbst das Leben schwer“, titelte das Blatt nach der Pleite. „Glauben wir daran! Ein nicht wieder zu erkennendes Italien braucht jetzt ein Unentschieden“, forderte der „Corriere dello Sport“ mit Blick auf die Partie gegen die Südamerikaner. Wieder wird im heißen Nordosten des Landes gespielt, wieder wird das Match um 13.00 Uhr Ortszeit angepfiffen.
„Das grundlegende Problem war die Hitze, das ist keine Ausrede, das ist die Wahrheit“, schimpfte Mittelfeldspieler Thiago Motta. Deshalb kehrte die italienische Delegation auch nicht zurück ins WM-Quartier in Mangaratiba, sondern flog schon am Freitagabend nach Natal, um sofort mit der Vorbereitung auf das spannungsgeladene Duell mit Suárez & Co. zu beginnen. „Wir müssen nach vorne schauen, weil wir noch ein Spiel zu gewinnen haben“, forderte Kapitän Gianluigi Buffon.
Denn so zurückhaltend Italiens Fußball-Repräsentanten zuvor auf dem Platz auftraten, so forsch formulierten sie später ihre Achtelfinal-Ansprüche. „Gegen Uruguay werden wir eine großartige Partie spielen. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen“, sagte Antonio Cassano. „Blicken wir nach vorne, wir haben die Qualität, um Uruguay zu schlagen“, pflichtete Alessio Cerci bei.
Eine Einschätzung mutete dann bei allem öffentlich geäußerten Optimismus trotz allem seltsam an: „Wir sind froh, nicht noch den zweiten Gegentreffer kassiert zu haben“, sagte Claudio Marchisio. Der viermalige Weltmeister Italien gibt sich damit zufrieden, gegen Costa Rica „nur“ 0:1 verloren zu haben? Ja, denn jetzt reicht ein Remis zum Weiterkommen - bei einer 0:2-Niederlage hätte Italien gegen Uruguay gewinnen müssen, um den drohenden Vorrunden-K.o. abzuwenden.