Antreiber und Sorgenkinder: Die WM-Kapitäne
Leipzig (dpa) - Antreiber, Routiniers, Sorgenkinder: Eine Woche vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-WM füllen die Kapitäne der 32 Teams noch nicht überall Traumrollen aus.
Wie Deutschlands Spielführer Philipp Lahm und dessen Vize Bastian Schweinsteiger ist Weltfußballer Cristiano Ronaldo vom deutschen Auftaktgegner Portugal angeschlagen. Und auch andere Teams haben Sorgen: Russlands Kapitän Roman Schirokow, der Australier Mile Jedinak oder auch Japans Makoto Hasebe von Eintracht Frankfurt sind nach Verletzungen noch nicht in WM-Verfassung.
„Cristiano ist unser Kapitän, er wird aber nicht die ganze Last tragen, die liegt ja auch auf meinen Schultern“, sagte Portugals Nationaltrainer Paulo Bento. Doch steht derzeit infrage, ob Ronaldo wegen einer Sehnenentzündung im linken Bein und einer damit verbundenen Muskelverletzung am 16. Juni überhaupt auflaufen kann. Dann bekäme wohl Ricardo Carvalho die Binde an den Arm.
Bei den anderen beiden deutschen Vorrundengegnern dagegen ist alles klar. Trainer Jürgen Klinsmann hat im US-Team vor gut einem Jahr Clint Dempsey zum Chef auf dem Platz ernannt. „Als Jürgen mich zum Kapitän gemacht hat, habe ich versucht, das Team auf die beste Art zu führen“, sagte der Offensivspieler. In Ghanas Auswahl trägt Asamoah Gyan die Armbinde, obwohl der Schalker Kevin-Prince Boateng und Michael Essien wohl die eigentlichen Bosse im Team sind.
Für die Rekonvaleszenten wird die Zeit knapp. Mittelfeldspieler Jedinak hat sein Comeback nach einer Leistenverletzung bei der Generalprobe der Socceroos an diesem Freitag in Bahia de Salvador gegen Kroatien prognostiziert. Sein russisches Pendant Schirokow musste wegen einer Achillessehnenverletzung Einzeltraining absolvieren. Nationaltrainer Fabio Capello erwartet den Kopf des Teams ungeduldig zurück. „Es gibt niemanden, der ihn ersetzen kann“, sagte der Italiener.
Schirokow ist 32 Jahre alt und passt damit ins Anforderungsprofil für die Spielführer: Routine, Erfahrung, Ansehen. In Englands Auswahl ist Steven Gerrard unumstritten. Der 34 Jahre alte Mittelfeldspieler hat 110 Länderspiele absolviert und ist für Teammanager Roy Hodgson nicht wegzudenken. „Seine andere große Qualität ist, dass er als Beispiel vorangeht. Er muss nicht herumschreien, er tut genau das, was getan werden muss. Er ist sehr, sehr unterstützend gegenüber allen Spielern, er ermutigt sie und treibt sie an“, lobte Hodgson.
Bei Titelverteidiger Spanien und Ex-Weltmeister Italien tragen die Torhüter die obligatorische Binde. Iker Casillas ist unumstrittener Kapitän und eine von allen anerkannte Führungsfigur. Für den 36-jährigen Italiener Gianluigi Buffon ist es bereits die fünfte WM. „Er ist der Kapitän und ein Vorbild“, lobte ihn Nationaltrainer Cesare Prandelli, „er strahlt Ruhe aus und motiviert die Mannschaft, aber vor allem hat er es geschafft, dass das Team versteht, was es bedeutet, das italienische Trikot zu tragen.“
In Europa weitgehend unbekannt, aber mit beträchtlicher Erfahrung ausgestattet ist Irans Spielführer Jawad Nekunam vom SC Kuwait. Der 33-jährige Mittelfeldspieler kann knapp 140 Länderspiele vorweisen. Trainer Carlos Queiroz: „Er ist der perfekte Kapitän.“ Senior unter den Mannschaftsführern ist Kolumbiens Abwehrchef Mario Yepes mit 38 Jahren. Zehn Lenze jünger ist dagegen Belgiens Vincent Kompany. Ebenfalls ein Oldie ist Didier Drogba mit 36 Jahren, der im verjüngten Team der Elfenbeinküste Vorbild sein will.
Bei Gastgeber Brasilien vertraut Trainer Luiz Felipe Scolari seinem Innenverteidiger Thiago Silva von Paris St. Germain. Bayern-Star Arjen Robben ist bei den Niederländern der Stellvertreter von Robin van Persie. Und bei Frankreich, vor vier Jahren mit dem unrühmlichen Trainingsstreik bei der WM aufgefallen, trägt Torwart Hugo Lloris die Binde. Die eigentlichen Chefs Franck Ribéry und Patrice Evra kommen dafür wegen der Vorfälle 2010 in Südafrika nicht mehr infrage.