Baustellenatmosphäre: Die unfertigen WM-Stadien
Porto Alegre (dpa) - Bauarbeiter laufen mit geschultertem Presslufthammer über bröckeligen Asphalt. Sie bahnen sich ihren Weg vorbei an Stahlgerüsten und Bauzäunen zu ihren Container-Baracken.
Sichtblenden sollen den Blick auf umherliegenden Schutt, Steine, Müll und Kabeltrommeln verstellen. Das WM-Stadion in Porto Alegre gleicht selbst nach einer Turnierwoche noch einer Baustelle.
Beim ersten Spiel zwischen Frankreich und Honduras gab es bereits eine Panne. Die Nationalhymnen konnte nicht abgespielt werden. Laut dem Organisationskomitee habe es Probleme mit der Audioanlage gegeben. In Wirklichkeit soll allerdings ein gesamter Generator ausgefallen sein. Immerhin floss im Medienzentrum der Strom bislang zuverlässig. Dass auf der Tribüne offene Kabelstränge herumliegen - geschenkt. Dafür biegen sich die Bodenplatten bei jedem Schritt derart durch, dass Verletzungsgefahr besteht.
Ähnliche Flickschusterei betrieben die Organisatoren in Manaus. Bis zuletzt wurde rund um die Arena da Amazônia gesägt, gehämmert und geputzt. Beim WM-Spiel England gegen Italien zeigte sich das Stadion vordergründig in seinem bestem Zustand. Doch auch hier fiel der Strom an einigen Stellen aus. Evandro Melo, Sekretär eines eigens für die WM geschaffenen Ministeriums des Bundesstaates Amazonas, sagte der „Welt“ anschließend: „Der Ablauf des ersten Spiels hier hat uns sehr glücklich gemacht. Manaus wurde hervorragend präsentiert.“ Auch die FIFA habe sich später positiv über den Ablauf der Veranstaltung geäußert.
Der Bau des Stadions, der einige Menschenleben kostete, verschlang Unmengen an Steuergeldern. Geschätzte 200 Millionen Euro soll das Ganze gekostet haben. Das ist viel Geld für vier Spiele, denn wie in Cuiaba, Curitiba und Natal ist die WM in Manaus bereits nach der Vorrunde beendet. Insgesamt sollen umgerechnet 2,6 Milliarden Euro an Steuergeldern in den Bau aller Stadien geflossen sein. Wie das rund 43 000 Zuschauern Platz bietende Stadion in Manaus nach der Weltmeisterschaft genutzt werden soll, ist unklar. Nacional, der beste Club der Stadt, spielt in der vierten Liga.
Das leidige Stadionbauthema schwelt auch in Natal weiter. Die Arena das Dunas ist leidlich fertig, drum herum ist alles noch eine riesige Baustelle. Manche Eingänge sind nur über Plastikstege zu erreichen. Bei dem starken Regen der vergangenen Tage bildeten sich riesige Pfützen, teilweise knöcheltief.
Selbst zwei Wochen vor dem WM-Anpfiff hatte sich FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke noch besorgt über den Zustand des Stadions geäußert. „Es ist ein Rennen gegen die Zeit“, so der Franzose. Auch Brasiliens größter Fußballstar Pelé hat sich seine Landsleute wegen der Bauverzögerungen schon vorgeknöpft. „Es ist inakzeptabel, dass einige Stadien nicht fertig geworden sind. Wir hatten viele Jahre Zeit - weit mehr, als genug. Das ist eine Schande“, schimpfte die Legende.
Für großes Aufsehen hatte auch eine wankende Zugangstreppe von der Metro-Station zu Rios Maracanã-Stadion gesorgt. Brasiliens Fußball-Heiligtum war zwar schon zum Confederations Cup im vergangenen Jahr funktionsfähig. Doch auch hier konnten nicht alle Sicherheitslücken geschlossen werden. Die Liste der kleineren und größeren Mängel ließe sich fortsetzen. So wird das Dach der Arena de São Paulo, auf das während der Bauarbeiten ein Kran gestürzt war, erst nach der WM fertig.
Immerhin gibt es auch Positives zu berichten: Für die Stadien in Belo Horizonte, Brasília, Cuiba, Fortaleza und Salvador de Bahia, wurden die Bauarbeiten recht-, teilweise sogar frühzeitig abgeschlossen. Das hätten viele Beobachter vor einem halben Jahr kaum geglaubt. Da präsentierte sich das Land teilweise noch als eine gigantische Baustelle. Ganz so schlimm ist es nicht mehr, aber abgeschlossen ist das leidige Thema WM-Stadien immer noch nicht.