Echte WM-Type: Rekordmann Klose
Fortaleza (dpa) - Das WM-Rekordtor war Miroslav Klose sogar einen riskanten Salto wert.
Nach seinem 15. WM-Treffer und der eingestellten Bestmarke des Brasilianers Ronaldo versuchte der deutsche Fußball-Nationalspieler explosiv wie in besten Zeiten abzuheben - und landete nach dem 2:2-Ausgleichstreffer gegen Ghana ziemlich hart auf dem Rasen.
„Ich wollte ihn eigentlich gar nicht mehr machen, aber irgendwie hat es mich dann doch gefangen genommen“, beschrieb der 36-Jährige den Moment der großen Emotionen. „Da habe ich das Ding mal versucht, aber man sieht, ich bin aus der Übung. Gelungen war er nicht.“
133 Länderspiele, 70 Treffer und vor allem bei großen Turnieren immer im Tor-Modus. Neben Klose haben nur Uwe Seeler und Pelé bei vier Weltmeisterschaften getroffen. „20 Spiele, 15 Kisten ist schon nicht schlecht“, befand der älteste deutsche WM-Torschütze selbst. Sein erstes Tor für Deutschland erzielte er gleich beim Debüt im März 2001 gegen Albanien. Vier Weltmeisterschaften später sieht Kloses Salto längst nicht mehr so elegant aus wie einst - und wegen der Verletzungsgefahr lässt er das Kunststück eh lieber weg. Aber Tore erzielt Klose, der am Sonntag mit den Reservisten im stürmischen Santo André trainierte, weiter wie eh und je.
„Miro geht damit in die Geschichte ein“, sagte Manager Oliver Bierhoff nach dem Rekord und gratulierte wie auch der Bundestrainer. „Das ist natürlich eine unglaubliche Leistung in der Karriere. Nach einer nicht so einfachen Saison für ihn, in der er einige Male von Verletzungen zurückgeworfen worden ist“, pries Joachim Löw den Oldie.
Klose liegt seit dem schweißtreibenden Samstag („Du machst zwei Sprints und suchst das Sauerstoffzelt“) zusammen mit Ronaldo auf dem Spitzenrang: Vor Gerd Müller (14 Treffer), Just Fontaine (Frankreich/13 Tore) und Pelé (Brasilien/12). „Willkommen im Club. Ich kann mir Deine Freude vorstellen. Was für eine schöne WM“, gratulierte Ronaldo, den Klose auch noch hinter sich lassen möchte. „Von uns aus kann er schon noch ein, zwei, drei Tore machen“, erklärte Philipp Lahm. „Absolut top.“
Das fanden auch die weltweiten Medien, die den „erbarmungslosen Miroslav Klose“ („La Stampa“), „den Oldtimer“ („El País“) und den „Altrocker“ („El Mundo“) rühmten. Dass sich Klose beim Saisonhöhepunkt aber wieder als wichtiger Torjäger zurückmelden würde, war lange nicht abzusehen. Erst zur WM-Vorbereitung kam der „Turnierspieler“ (Löw) nach einer Saison mit vielen Verletzungen allmählich wieder in Schwung - und schlug nun als Joker zwei Minuten nach seiner Einwechslung beim ersten Ballkontakt zu.
„Es ist natürlich super, wenn ich solche Spieler auf der Bank habe, die nochmal Entscheidungen herbeiführen können. Miro ist ein Spieler, der gerade in den großen Spielen auf den Punkt hin fit ist“, betonte Löw. „Das ist für mich ein gutes Gefühl und auch für die Mannschaft sehr wichtig.“
Den Teamkollegen war die Erleichterung über den wichtigen Treffer anzusehen. „Er kam rein und hat direkt getroffen. Wir wissen ja, was für ein Potenzial er hat, was für Fähigkeiten vor dem Tor“, beschrieb Mesut Özil den Ausnahmestürmer. „Ich gönne es Miro total“, ergänzte Toni Kroos. Seinen Eckball (71. Minute) verlängerte Benedikt Höwedes und Klose spitzelte das Spielgerät über die Linie. Vielleicht wäre der Ball auch ohne seine Hilfe reingeflogen. „Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht im Abseits stehe, deswegen habe ich den Ball dann noch reingemacht“, schilderte der Torjäger seinen Rekordmoment. Zum 15. Mal traf er bei einer WM aus nächster Nähe, nie war er weiter vom Tor entfernt als elf Meter.
Ob das Tor zum 2:2-Endstand den Musterprofi von Lazio Rom einem Startelfplatz näher gebracht hat, darüber mochte Klose nicht spekulieren. „Ich sehe das total entspannt“, erklärte der vorbildliche Reservist. Klaglos nimmt er die Bankdrückerrolle an, schoss vor dem Spiel Keeper Manuel Neuer sogar noch ein paar Bälle zur Einstimmung zu. „Miro ist voll motiviert in jedem Training, für jeden Spieler da und bringt zu jeder Sekunde seine Erfahrung ein“, pries Abwehrchef Per Mertesacker den Teamplayer.
In welcher Rolle auch immer - treffen würde Klose schon ganz gerne weiter in Brasilien. Denn das nächste Tor würde ihm die alleinige WM-Bestmarke der Torjäger bescheren. „Wer mich kennt, weiß, dass mich das reizt, dass mich das juckt, dass ich da auch Erster sein will“, bekannte Klose. Seit seinem Tor beim 6:1 bei der WM-Generalprobe gegen Armenien liegt er schon in der deutschen Länderspiel-Torschützenliste als Solist vor Gerd Müller (68 Treffer) vorn.
Platz eins winkt aber auch noch in einer anderen Kategorie. Mit 25 Spielen führt Lothar Matthäus die Rangliste der Akteure mit den meisten WM-Einsätzen an. Kommt Klose bis zum Endspiel am 13. Juli und auch dort immer zum Einsatz, würde er mit dem deutschen Rekordnationalspieler gleichziehen.