Ein Hauch von James Bond: WM-Spion Berti Vogts
Boston (dpa) - Er gilt als Jürgen Klinsmanns Geheimwaffe. Kaum jemand in Amerika kennt ihn bislang oder hat ihn gesehen. Deshalb reden sie schlichtweg von „US Soccers International Man of Mystery“ (MLS.com).
Der geheimnisvolle Mann soll ein akribischer Arbeiter sein und ist ständig unterwegs. Seine Berufsbezeichnung, „special advisor“, versprüht einen Hauch von James Bond. Gestatten: „00Berti“, bürgerlicher Name: Hans-Hubert Vogts.
Der 67-Jährige ist Nationaltrainer von Aserbaidschan, derzeit jedoch Klinsmanns Sonderberater. Während der Schwabe das US-Team in WM-Form bringen will, spioniert Kumpel Berti die Gruppengegner Ghana, Portugal und Deutschland aus. „Wir freuen uns natürlich ungemein, dass Berti Vogts uns beraterisch für die gesamte WM zur Verfügung steht“, sagt Klinsmann. Mit ihm als Kapitän und Vogts als Bundestrainer holte Deutschland bei der EM 1996 in England den letzten Titel.
Jetzt hofft Klinsmann, dass Vogts' Fußball-Fachwissen vielleicht das entscheidende Plus ist, um die Vorrundengruppe G, die in Amerika als „Group of Death“ (Todesgruppe) gilt, zu überstehen. Zu wissen, dass Vogts mit Rat und Tat zur Seite stehe, sei eine tolle Sache, so Klinsmann. Er bezeichnet Vogts gerne als seinen „Mentor“ - und macht ihn zum Vielflieger. Andere mögen mit ihren 67 Jahren lieber daheim im Garten sitzen oder auf der Couch. Vogts jettet um die Welt. San Francisco, Rotterdam, Mönchengladbach, Boston, Jacksonville, Miami, Sao Paulo lauten seine Stationen bis zum 10. Juni - knapp 23 000 Kilometer, mehr als einmal um den halben Globus.
„Er freut sich, mit uns in Brasilien zu sein. Denn dort wird die große Musik gespielt und daran will Berti teilhaben“, sagt Klinsmann. Unmittelbar nach dem 2:0-Testspielsieg der USA am Dienstag in San Francisco gegen Aserbaidschan schickte er seinen Spion nach Europa. „Ich schaue mir dort einige Spiele an und komme am 4. Juni zurück nach Amerika“, erklärte Vogts. Am Samstag ist er in Rotterdam bei der Partie zwischen den Niederlanden und Ghana.
Tags darauf sieht er in seiner Heimat Mönchengladbach Deutschland gegen Kamerun - und erhofft sich wichtigere Erkenntnisse als zuletzt. „Ich habe das Spiel in Hamburg gegen Polen gesehen, das war aber keine normale deutsche Nationalmannschaft“, meint Vogts zum bedeutungslosen 0:0 einer B-Elf vor einigen Wochen. Klinsmann testet am Sonntag zeitgleich in Harrison/New Jersey gegen die Türkei - und wird sich nach der Partie mit Vogts in Verbindung setzen.
Während die USA nach Jacksonville weiterreisen, macht sich Vogts auf den Weg nach Boston, wo WM-Vorrundengegner Portugal am Freitag auf Mexiko trifft. Es folgen keine 24 Stunden später der letzte Test der Amerikaner in Jacksonville gegen sein Ex-Team Nigeria und am 9. Juni in Miami die Partie Ghana gegen Südkorea. „Er wird uns bei den Gegner-Analysen helfen und wir alle freuen uns auf die Zusammenarbeit mit ihm“, betonte der Hoffenheimer Fabian Johnson.
Er ist einer von 18 WM-Neulingen im US-Kader. Vogts hingegen hat zwischen 1974 und 1998 sechs Weltmeisterschaften als Spieler, Trainer-Assistent oder Chefcoach erlebt. Er kennt Ghana aus seiner Zeit als Nationaltrainer von Nigeria. In der Qualifikation für Brasilien spielten seine Aserbaidschaner in der Europa-Gruppe F gegen Portugal (0:2, 0:3). Und auf den Weg zur WM 2010 sowie der EM 2012 stand Vogts mit der ehemaligen sowjetischen Teilrepublik jeweils Deutschland gegenüber - vier Niederlagen, 2:15 Tore.
Das Löw-Team zählt Vogts zu den WM-Favoriten. „Deutschland kann Fußball-Weltmeister werden. Sie haben das Potenzial, die haben so viele gute Spieler wie noch nie vorher“, betont er, schränkt aber zugleich ein: „Sie brauchen auch das Quäntchen Glück, das man haben muss, nachher, wenn es in die entscheidenden Spiele geht.“ Und eben das, so Vogts, habe Löw bisher noch nicht gehabt.