Klarer 6:1-Sieg England im Achtelfinale - Torfestival gegen Panama
Nischni Nowgorod (dpa) - Für Gareth Southgate gab es nach dem Sieg seines Teams nur einen kleinen Makel. „Der einzige Nachteil ist das Gegentor gegen Ende“, sagte der Trainer, nachdem England mit einem historischen 6:1 (5:0)-Torfestival gegen Fußball-Zwerg Panama ins WM-Achtelfinale gestürmt war.
„Aber es wäre hart, wenn ich die Spieler nach dieser Leistung kritisieren würde, noch dazu an einem Tag mit solcher Hitze.“ Bei Temperaturen über 30 Grad hatten die Three Lions in Nischni Nowgorod wie entfesselt aufgespielt und den höchsten Sieg ihrer WM-Geschichte eingefahren.
Vier Jahre nach dem bitteren Vorrunden-Aus in Brasilien verblüffte der Weltmeister von 1966 seine Fans mit einer überragenden ersten Halbzeit. „Schön, dass wir das nächste Spiel jetzt ohne Druck angehen können“, freute sich der Coach fast nüchtern. Im letzten Vorrundenspiel am Donnerstag geht es für seine Mannschaft nun nur noch darum, sich gegen Belgien den ersten Platz in Gruppe G zu sichern.
Mit jeweils sechs Punkten und 8:2 Toren sind beide Teams gleichauf. Bei einem Remis würde die Fairplay-Wertung und eventuell sogar das Los über Platz 1 in der Gruppe entscheiden. Ohne Panamas WM-Premierentor hätte England definitiv ein Remis gegen Belgien für den Spitzenplatz gereicht.
Vor allem Stürmerstar Harry Kane lief gegen WM-Debütant Panama zur Hochform auf. Der torhungrige Kapitän wurde nach seinem Dreierpack zum Matchwinner gewählt und sicherte sich nach guter alter englischer Tradition den Spielball. „Na klar bin ich stolz“, freute sich der 24-Jährige, „nicht vielen Spielern gelingt ein Hattrick bei einer WM.“ Vor dem Profi von Tottenham Hotspur waren nur den englischen Ikonen Geoff Hurst (1966) und Gary Lineker (1986) jeweils drei Treffer in einem WM-Spiel gelungen.
„Ich hoffe, dass ich so weiter machen kann“, sagte Kane, der mit nun fünf Toren die WM-Torschützenliste vor Portugals Cristiano Ronaldo und Belgiens Romelu Lukaku (jeweils 4 Tore) anführt.
Bereits in der ersten Halbzeit hatte England für klare Verhältnisse gesorgt. Kane verwandelte zwei Foulelfmeter (22. Minute/45.+1) und steuerte auch den letzten englischen Treffer bei (62.). Zudem trafen John Stones (8./40.) und Jesse Lingard (36.) vor 43 319 Zuschauern für den Favoriten. Nie zuvor hatte England mehr als vier Tore in einem WM-Spiel erzielt. „Das war fantastisch! Alle haben sehr gut gespielt und wir hatten Spaß zusammen. Natürlich bin ich sehr glücklich, gar keine Frage“, sagte Kane.
Während der Jubel bei den Briten keine Grenzen kannte, schied Panama beim WM-Debüt früh aus und hat nach zwei Spielen genau wie der letzte Gegner Tunesien null Punkte auf dem Konto. Immerhin gelang den Canaleros aber noch ihr allererster WM-Treffer durch Felipe Baloy (78.), der von den Fans trotz des hohen Rückstands lautstark wie ein Sieg gefeiert wurde. Auch Panamas Trainer Hernán Dario Gómez konnte sich nach der Niederlage darüber freuen. „Ich war sehr bewegt“, sagte er und schwärmte von Baloys „wundervollem Tor“.
Panama, 55. der Weltrangliste, versuchte zwar über den Kampf in das Spiel zu finden, spielerisch konnten sie aber zu keinem Zeitpunkt mithalten. Zum Auftakt hatten sie bereits mit 0:3 gegen Belgien verloren. Gómez gestand, er sei „verängstigt“ gewesen. Der Panama-Coach erwies sich erneut als fairer Verlierer und lobte den Gegner. „England hat ein wundervolles Team“, sagte er und gestand, dass er Southgate schon in der Halbzeitpause gratuliert hatte.
Danach habe er zu seinem Team gesagt, „wir können nicht mehr versuchen das auszugleichen, wir können es auch nicht reduzieren. Lasst uns einfach die Flut an Gegentoren stoppen.“ Immerhin das gelang seiner Mannschaft, weil England sich die Kräfte einteilen konnte. Bis zur Halbzeit war aus jedem gefährlichen Angriff ein englischer Treffer resultiert.
Durch den englischen Erfolg sind die punkt- und torgleichen Belgier ebenfalls für die K.o.-Runde qualifiziert. „Wir wollen den Schwung jetzt mitnehmen“, kündigte Southgate selbstbewusst an, „lasst uns das noch einmal so genießen.“ Gegen das ungeschlagene Belgien dürfte das aber deutlich schwerer werden als gegen den WM-Debütanten Panama, meinte auch Kane: „Das wird ein ganz anderes Spiel.“ Der Weg zum Titel sei noch „lang und sehr steinig“, aber „du musst dran glauben.“