Englands Sorge vor Dschungel-„Alptraum“ gegen Italien
Manaus (dpa) - Der heiße „Rumble in the Jungle“ zum WM-Start treibt nur einer europäischen Fußball-Großmacht Angstschweiß auf die Stirn.
Für Italiens Trainer Cesare Prandelli sind die schwülen Waschküchen-Bedingungen in Manaus „kein Problem“, Englands Medien wettern hingegen über den braunen Rasen und der Verbandschef zittert vor dem „schlimmsten Alptraum“. Schon bei der Auslosung des Klassikers fuhr sich Greg Dyke mit dem Finger am Hals entlang und untermauerte seine Befürchtungen noch einmal kurz vor dem Aufeinandertreffen am Sonntag: „Wir wollten nicht Italien und wir wollten nicht Manaus - und haben beide bekommen.“
Auch Englands Coach Roy Hodgson hatte die Dschungel-Stadt als „nicht idealen“ Spielort bezeichnet, wischte diese Aussage aber nun im WM-Quartier mit einem knurrigen „Unsinn“ beiseite und gab damit die Linie für seine Spieler vor.
Nach zwei ernüchternden Weltturnieren ohne eigenes Tor zeigte sich Wayne Rooney vor dem Sturmduell mit Mario Balotelli zumindest äußerlich betont selbstbewusst. Angesprochen auf England-Schreck Andrea Pirlo, der beim EM-Viertelfinalsieg Italiens vor zwei Jahren als Mann des Spiels geglänzt hatte, verkündete der Stürmerstar: „Wir haben auch großartige Spieler, sie sollten sich mehr um unser Team sorgen.“ Für sich persönlich hoffte er, dass nach torlosen 365 Minuten sein Vorbereitungstreffer gegen Ecuador ein „Katalysator“ sein kann: „Die Zeit der Ausreden ist vorbei.“
Selbst bei knapp 30 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit spazierte Rooney nach Ankunft am Amazonas noch mit einer langärmligen Jacke bekleidet ins Mannschaftshotel. Um sich auch sonst auf die ungewohnte Umgebung vorzubereiten, setzten beide Teams auf Spezialmaßnahmen: England sprintete auch unter portugiesischer Sonne mit drei Lagen Trainingsklamotten, Handschuhen und Mütze. „Wir haben hart gearbeitet, damit wir uns wohlfühlen, wenn es unangenehm ist“, erklärte Torwart Joe Hart den Nutzen.
Balotelli und Co. schwitzten ihrerseits bei simuliertem Manaus-Wetter in einem kleinen Holzschuppen auf Fitnessgeräten. Am Freitag landeten die Azzurri nach ihrem rund viereinhalbstündigen Flug - „Italien in der Hölle von Manaus. Jetzt wird es wirklich ernst“, titelte die „Gazzetta dello Sport“ online. „Das Problem mit der Hitze werden nicht nur wir haben, sondern auch die Engländer“, meinte Pirlo mit seiner natürlichen Lässigkeit.
Der gefürchtete Mittelfeld-Regisseur strebt in Brasilien einen ähnlichen Coup wie beim Titelgewinn 2006 an. „Italien kann Weltmeister werden“, betonte der 35-Jährige. Von diesen Ambitionen ist der Auftaktgegner eigentlich weit entfernt, doch Rooney gab das Maximalziel aus: „Wir sind hier, um Weltmeister zu werden und das ist das einzige in unseren Gedanken und ich weiß, dass das die größte Leistung meiner Karriere wäre, aber dafür sind Träume ja da.“
Damit nicht schon im ersten Aufeinandertreffen die Chancen deutlich schwinden, will Trainer-Routinier Roy Hodgson seine Taktik im Vergleich zur Niederlage im Elfmeterschießen 2012 ändern. „Dieses Mal wollen wir sicherstellen, dass wir viel mehr angreifen, so dass sich Italien wundert, was sie gegen Leute wie Steven Gerrard und Wayne Rooney machen sollen“, sagte der 66-Jährige. Dabei steht ihm allerdings Flügelstürmer Alex Oxlade-Chamberlain wegen Knieproblemen nicht zur Verfügung, der angeschlagene Danny Welbeck könnte hingegen noch rechtzeitig fit werden.
Sorgen bereitet vor allem der Presse der Zustand des Platzes in der Arena da Amazônia. „Arbeiter deckt fürchterliche Oberfläche ab...mit grüner FARBE!“, ereiferte sich der „Mirror“ über die Versuche, den sandigen und trockenen Rasen spieltauglich zu bekommen. „Alarm bei den Bedingungen des Platzes in Manaus: Der grüne Anstrich“, kommentierte „La Repubblica“.
Intern bleiben beide Teams entspannt. England verzichtete auf eine Inspektion, nachdem der Verband eine beruhigende Analyse eines Rasen-Instituts erhalten hatte. „Die Farbe des Grases spielt keine Rolle“, betonte Italiens Verbandsvize Demetrio Albertini - was nicht die großen Schlagzeilen verhindert. „Pfusch im Dschungel“, titelte der „Daily Express“ am Freitag. „Die Angst wächst, dass der fürchterliche Platz Englands großen Anstoß ruinieren könnte.“