Frankreich stürmt zum Achtelfinale - Hitzfeld zittert
Salvador (dpa) - Mit traumhaftem Offensivfußball hat sich Frankreich in den Kreis der Mitfavoriten gespielt und Ottmar Hitzfelds Schweizer Mannschaft die höchste WM-Niederlage seit 1966 zugefügt.
Die „Equipe tricolore“ feierte in Salvador ein berauschendes 5:2 (3:0) gegen den Nachbarn und zelebrierte dabei ein wahres Angriffsfeuerwerk. Mit sechs Punkten und 8:2 Toren bestehen nur noch theoretische Zweifel am Weiterkommen der Franzosen, die im Viertelfinale auf die deutsche Mannschaft treffen könnten.
„Das war ein sehr gutes Spiel. Wir haben viel richtig gemacht. Fünf Tore gegen eine starke Schweizer Mannschaft, dazu sechs Punkte - das ist genial. Ein schöner Abend. Wir müssen nun abwarten, ob wir als Erster oder Zweiter durchgehen. Im Achtelfinale beginnt alles wieder bei Null“, sagte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps und Giroud ergänzte: „Es ist bisher hervorragend gelaufen. Wir haben einen super Teamgeist in der Mannschaft.“
Hitzfeld war dagegen „sehr enttäuscht“ über die Niederlage: „Wir haben einen rabenschwarzen Tag erwischt und nicht unser Potenzial abgerufen. Der Doppelschlag hat uns das Genick gebrochen. Ich erwarte jetzt eine Trotzreaktion.“
Olivier Giroud (17.), Blaise Matuidi (18.) Mathieu Valbuena (40.), Karim Benzema (67.) und Moussa Sissoko (73.) schossen den auch in dieser Höhe verdienten Sieg der Franzosen heraus, die allmählich die „Schande von Knysna“ beim peinlichen Vorrunden-Aus vor vier Jahren vergessen machen. Als die Franzosen in der Schlussphase das Tempo zurücknahmen, kamen die Schweizer durch Blerim Dzemaili (81.) und Granit Xhaka (87.) zu ihren Ehrentreffern.
Dabei hätte es noch schlimmer für die Schweizer kommen können, wäre Benzema nicht mit einem Foulelfmeter an Wolfsburgs Schlussmann Diego Benaglio gescheitert (33.). Für die Hitzfeld-Elf, die mit einem glücklichen 2:1 gegen Ecuador ins Turnier gestartet war, entscheidet nun das abschließende Gruppenspiel gegen Honduras am Mittwoch (22.00 Uhr) über den Achtelfinal-Einzug.
Für Verwirrung sorgte der niederländische Schiedsrichter Björn Kuipers am Ende. Mitten im Angriff der Franzosen pfiff der Referee die Partie ab, unmittelbar danach traf Stürmer Karim Benzema noch ins Tor. Kuipers erkannte zum Ärger von Benzema den Treffer zum möglichen 6:2 nicht mehr an.
Dass die Schweizer auch nach 22 Jahren weiter auf einen Sieg gegen Frankreich warten müssen, war bereits nach der ersten Halbzeit klar. Mit blitzschnell vorgetragenen Angriffen brachte der Weltmeister von 1998 die Hitzfeld-Elf immer wieder in die Bredouille und nutzte dabei die Fehler in der Schweizer Hintermannschaft eiskalt aus. Dabei machte sich kaum bemerkbar, dass Superstar Franck Ribéry den Franzosen bei dieser WM gar nicht zur Verfügung steht.
Das erste Tor, zugleich das 100. in der französischen WM-Historie, erzielte Giroud mit einem wuchtigen Kopfball nach einer Ecke. Die Schweizer hatten den Schock noch gar nicht verdaut, da erhöhte Matuidi nur 67 Sekunden später aus kurzer Entfernung auf 2:0. Vorausgegangen war ein schlimmer Abspielfehler von Valon Behrami. Und kurz vor der Pause vollendete Valbuena einen traumhaft vorgetragenen Angriff über Raphael Varane und Giroud. Davor hätte Benzema noch vom Elfmeterpunkt treffen müssen, nachdem er von HSV-Verteidiger Johan Djourou unverständlicherweise nahe der Torauslinie gefoult worden war. Den Abpraller beim parierten Elfmeter setzte dabei Yohan Cabaye mit einem wuchtigen Schuss an die Latte.
In der zweiten Halbzeit war aber auch Benzema an der Reihe. Begünstigt von einem Fehler von Philippe Senderos war der Angreifer von Real Madrid nach Zuspiel von Paul Pogba zur Stelle. Anschließend traf auch Sissoko. Mit tiefen Sorgenfalten notierte Hitzfeld die vielen Fehler. Es war zugleich die höchste Pleite seit dem 0:5 gegen Deutschland bei der WM 1966 in England.
Und die Schweizer? Eine Chance von Bayern-Star Xherdan Shaqiri war noch die beste Möglichkeit im ersten Durchgang, doch der Schuss des schnellen Mittelfeldspielers ging knapp vorbei. Dabei musste die „Nati“ den frühen Ausfall des früheren Berliners Steve von Bergen verkraften. Giroud hatte den Defensivmann im Gesicht getroffen, stark blutend musste von Bergen mit einer leichten Gehirnerschütterung für Senderos weichen. Zwei Änderungen hatte Hitzfeld schon vor dem Anpfiff vorgenommen. Der Freiburger Admir Mehmedi und Haris Seferovic wurden für ihre Jokertore gegen Ecuador mit einem Startelf-Einsatz belohnt, dafür mussten Nürnbergs Torjäger Josip Drmic und der zukünftige Berliner Valentin Stocker auf die Bank.
Mit der Führung im Rücken hatten die Franzosen auch im zweiten Durchgang das Geschehen im Griff. Erhöhte die Mannschaft von Deschamps das Tempo, kam sie auch zu gefährlichen Aktionen. So ging ein abgefälschter Schuss von Benzema nur knapp am Tor vorbei (60.). Auf der Gegenseite vergab Mehmedi eine gute Gelegenheit.