Franzosen „wollen den WM-Titel“ - Ramadan-Verzicht

Ribeirão Preto (dpa) - „Les Bleus“ werden plötzlich frech: Pünktlich zum Beginn der K.o.-Runde haben die Fußballer der französischen Nationalmannschaft bei der WM in Brasilien erstmals ihre Bescheidenheit abgelegt und die Erstürmung des Gipfels als Ziel angekündigt.

„Wir wollen den WM-Titel gewinnen“, sagten Bacary Sagna und Morgan Schneiderlin im WM-Quartier in Ribeirão Preto drei Tage vor dem Achtelfinal-Duell mit Nigeria ebenso einstimmig wie entschlossen. Bei einem Weiterkommen beider Teams würde der Weltmeister von 1998 im Viertelfinale auf Deutschland treffen.

Southampton-Mittelfeldmann Schneiderlin, der beim 0:0 im dritten Gruppenspiel gegen Ecuador in Rio sein Länderspiel-Debüt feierte, wurde von einem Journalisten gefragt, ob das Erreichen des Achtelfinales bereits ein Erfolg sei. „Achtelfinale? Da gibt es doch noch ein Viertel- und ein Halbfinale, und das Endspiel“, antwortete der 24-Jährige. Man wolle den Titel holen und habe die Mittel dazu. „Wir brennen vor Ehrgeiz und Ungeduld“, sagte er. Gegen Nigeria gelte man als Favorit und müsse diese Rolle auch annehmen.

Noch weiter ging Sagna: „Wenn wir den Titel nicht holen, wäre das für mich ein Scheitern“, sagte der 31-Jährige zum großen Erstaunen vieler mit dem Erreichten bereits sehr zufriedenen Journalisten. Mit ernstem Blick und ruhiger Stimme fügte der rechte Außenverteidiger an: „Wir haben miteinander gesprochen und haben uns gesagt, dass wir hier sehr viel erreichen können. Wir wollen das Ding durchziehen“.

Nach den beiden Kantersiegen gegen Honduras (3:0) und über das ebenfalls für das Achtelfinale qualifizierte Team der Schweiz (5:2) könnte die Stimmung bei der von Trainer Didier Deschamps stark erneuerten Truppe nicht besser sein. Über Bayern-Star Franck Ribéry, der mit chronischen Rückenschmerzen zu Hause bleiben musste, redet inzwischen keiner mehr. Die Chaos-WM in Südafrika mit Vorrunden-Aus und vielen Affären, die in einem berüchtigten Trainingsstreik gipfelten, war vor vier Jahren. Dies alles scheint aber vor Jahrzehnten passiert zu sein.

Sagna, der neben Torwart und Kapitän Hugo Lloris, Routinier Patrice Évra und Mathieu Valbuena einer der vier „Überlebenden“ von 2010 ist, räumte allerdings ein, dass am Montag in Estadio Nacional „Mané Garrincha“ in Brasilia „ein schweres Spiel“ bevorstehe. Nigeria sei der Meister Afrikas und damit die beste Mannschaft seines Kontinents. „Viele der Jungs spielen in Top-Teams“, sagte er.

Für das Ziel WM-Titel nimmt Sagna, dessen Eltern aus dem Senegal stammen, auch religiöse Opfer in Kauf. Der Mann, der bisher beim FC Arsenal Clubkollege der deutschen Nationalspieler Mesut Özil, Lukas Podolski und Per Mertesacker war, nach der WM aber zum englischen Meister Manchester City wechselt, wird auf den Ramadan verzichten.

„Das ist unter bestimmten Umständen möglich, deshalb mache ich das“, erklärte er. Wie andere muslimische Kicker im Team, wie etwa Topstürmer Karim Benzema oder auch Jungstar Paul Pogba vorgehen wollen, sagte Sagna nicht. Er ließ aber durchblicken, dass einige seinem Beispiel folgen werden, andere aber den am Samstag beginnenden Fastenmonat einhalten wollen: „Ich respektiere diese Kollegen“, betonte Sagna.