Hitzfeld will mit toller WM „Abschied verschönern“

Brasilia (dpa) - Ottmar Hitzfeld redet nicht besonders gerne darüber. Aber wenn es schlecht läuft, dann coacht der Grandseigneur der deutschen Fußball-Lehrer am Sonntag in Brasilia das drittletzte Spiel seiner großartigen Karriere.

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„Ich denke noch nicht daran, dass ich mit einer Niederlage aufhören könnte“, versichert der Trainer der Schweizer Nationalmannschaft vor dem WM-Auftakt gegen Ecuador. Bei seiner Abschiedstournee, bei seinem letzten Auftritt auf der großen Fußball-Bühne versucht Hitzfeld das nahe Ende auszublenden.

Der 65-Jährige sagt stattdessen lieber typische Hitzfeld-Sätze. „Der Fokus liegt auf der Gruppenphase. Sie ist unsere große Hürde. Darin wird die ganze Kraft investiert.“ So kennen die Fans den Trainer, der vor allem dank der Champions-League-Erfolge mit Borussia Dortmund und Bayern München zu den erfolgreichsten seiner Zunft gehört.

Hitzfeld ist kein Mensch, der sonderlich gerne über sich und seine Emotionen redet. Diszipliniert, sachlich und eher zurückhaltend tritt der mehrfache Meistertrainer auch vor dem selbst gewählten Gang in die Rente auf.

„Er ist sehr ruhig“, beschreibt der Linksverteidiger Ricardo Rodriguez die Arbeitsweise des Coaches: „Er weiß, wann er was sagen muss, und wann nicht.“ Der Profi des VfL Wolfsburg erklärt, was Außenstehende ahnten: „Vor dem Spiel macht er uns heiß. Im Spiel drin ist er weniger laut.“ In der Pause „ist er auch nicht so laut, er ist mehr der Ruhige.“

Manches frisst Hitzfeld in sich hinein. Zwischen den beiden Bayern-Engagements pausierte er drei Jahre. Die vielen Spielzeiten in der Spitze der Bundesliga, der tägliche Stress und der Druck, die äußere und die eigene Erwartungshaltung, sie hatten an ihm gezehrt.

Zum Abschluss seiner erfolgreichen Laufbahn wählte der nahe der Grenze zur Schweiz aufgewachsene Lörracher den Job als Trainer der „Nati“. Seit 2008 arbeitet er bei den Eidgenossen. Dort geht es ein wenig gemächlicher, ein bisschen geruhsamer als in Deutschland zu. Und dort profitiert er nun von einer „goldenen Generation“, wie er es selber ausdrückt. 2009 gewann die Schweiz die U17-Weltmeisterschaft dank vieler Spieler mit Migrations-Hintergrund wie Rodriguez oder Gladbachs Granit Xhaka. „Wir sind eine sehr gute Mannschaft“, sagt Rodriguez voller Selbstbewusstsein: „Die ist jetzt die beste, die wir je hatten.“

Dazu gehören auch Routiniers wie Diego Benaglio, der Torhüter des VfL Wolfsburg. Der deutsche Meister von 2009 sagt angesichts der überzeugenden WM-Qualifikation ohne Niederlage über seinen Trainer: „Diese Entwicklung ist ein großer Verdienst von ihm. Wir haben enorm von ihm profitiert, von der großen Erfahrung, die er mitbringt.“ Die „richtig gute Entwicklung“, sagt Benaglio „wollen wir jetzt krönen, es ist ja sein letztes großes Turnier.“ Wie groß die Wertschätzung ist, lässt sich auch an einem anderen Satz Benaglios ablesen: „Wir wollen eine gute WM spielen, um ihm den Abschied zu verschönern.“

Abschied? Ganz so weit will der entspannter als 2010 wirkende Hitzfeld noch nicht denken. Oder zumindest nicht so gerne darüber reden. „Wenn wir die Gruppe überstehen, haben wir ein großes Ziel erreicht“, sagt der Coach. Und hängt dann doch noch ungewohnt forsch an: „Wenn wir in den Achtelfinals stehen, sind immer die anderen die Favoriten, dann haben wir nichts mehr zu verlieren und können Geschichte schreiben.“ Und dann könnte auch die ohnehin schon großartige Geschichte des Trainers Ottmar Hitzfeld noch ein wunderschönes Schlusskapitel erhalten.