Tre Kronor In Schweden hat Fußball Konkurrenz - außer zur WM

Malmö (dpa) - Anpfiff zum ersten WM-Spiel seit zwölf Jahren - und aus einem einzelnen geöffneten Wohnzimmerfenster ruft jemand laut „Sverige“.

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Ansonsten ist von WM-Fieber nicht viel zu spüren, hier zwischen den Häuserblocks des Malmöer Stadtteils Rosengård, wo einst Schwedens größter Fußballstar Zlatan Ibrahimovic aufwuchs. Am Samstag könnte Schweden den Weltmeister Deutschland aus dem Turnier kicken - doch blau-gelbe Fahnen wehen kaum, die Bauarbeiter am Bolzplatz („Zlatans Court“) hören Musik statt Fußball.

„Ibra“, der Rosengård-Sohn, ist in Russland nicht dabei, das könnte ein Grund sein. Doch eigentlich haben viele Schweden den exzentrischen Star auch satt. Das Land sei einfach generell nicht so fußballverrückt wie die Dänen, die Isländer oder die Deutschen, sagt einer der Arbeiter. „Eher Eishockey, vielleicht 50:50.“

In der jährlichen Umfrage zu den beliebtesten Sportarten liegt Fußball diesmal zwar ein paar Prozentpunkte vor Eishockey, doch der Titel „Nationalsport“ ist heiß umkämpft. Fußball hat in Schweden Konkurrenz.

Vielleicht auch, weil die Skandinavier im Eishockey einfach erfolgreicher sind: Gerade sind sie wieder Weltmeister geworden, zum elften Mal. Das ganze Land feierte die „Tre Kronor“ in blau und gelb. Die Fußballer dagegen mussten bei den vergangenen zwei Weltmeisterschaften zuschauen. Zuletzt waren sie 2006 dabei, schieden im Achtelfinale gegen Deutschland aus.

Vor allem im Norden gebe es eher Hockey-Fans, meint der Malmöer Bauarbeiter. „Da leben auch fast nur Schweden. Hier im Süden sind viele Migranten, die mögen lieber Fußball.“ Der junge Mann selbst stammt aus Serbien, das 1:0 seiner Mannschaft gegen Costa Rica habe er natürlich gesehen, betont er. Das Schweden-Spiel? Nicht so interessant. So denken einige im von Einwanderern geprägten Rosengård: Fußball? Klar, aber eher nicht Schweden.

Beim Public Viewing in einem großen Malmöer Park ist es trotzdem brechend voll. Zwar tragen einige Besucher Eishockey-Trikots. Und wenn nicht gerade ein Elfmeter ansteht, sitzt man auch eher gemütlich auf dem Rasen vor dem Großbildschirm. Doch die Begeisterung ist geweckt.

„Bei einem Turnier steht natürlich das ganze Land hinter der Mannschaft“, betont der Trikotverkäufer. „Das ist doch klar.“ Auch er selbst, ein „alter Eishockey-Spieler“, fiebert mit.

Zeitungen und Fernsehen lassen keinen Zweifel daran, dass in diesen Wochen Fußball angesagt ist. Seit Tagen sind die Titelseiten voll. An Selbstbewusstsein mangelt es nicht: Schon vor Wochen haben sie ausgerechnet, was passieren könnte, sollte Schweden die Gruppe mit Deutschland, Mexiko und Südkorea gewinnen. Vor Brasilien im Achtelfinale hat man etwas Angst.

Jetzt aber erstmal Deutschland. Da ist das Selbstbewusstsein nach dem 1:0 gegen Südkorea groß. „Wenn wir gegen Deutschland gewonnen haben, ...“, spekulieren die Pendler im Zug. Einen Tipp geben sie lieber nicht ab. Doch der Tenor: „Machbar“. Plötzlich ist Schweden ein Fußball-Land.