Johnsons besonderes Spiel gegen die alten Teamkameraden
Recife (dpa) - Auf dem offiziellen Siegerfoto ist er im Würgegriff von Mats Hummels zu sehen. Gleich daneben jubeln Manuel Neuer und Jérome Boateng, in der Reihe davor kniet Sami Khedira über dem Pokal.
Noch vor fünf Jahren wurde Fabian Johnson mit der deutschen „U21“ Junioren-Europameister.
An diesem Donnerstag aber wird er bei der Fußball-WM gegen seine alten Freunde spielen. Johnson ist mittlerweile US-Nationalspieler - und damit auf einmal Gegner jenes Landes, in dem er geboren wurde und noch immer lebt.
„Ich kenne sie gut, aber das ist jetzt nichts Besonderes“, sagte Johnson am Mittwoch im Spielort Recife. „Ich warte nun auf das Spiel und bin stolz darauf, Teil dieser Mannschaft der USA zu sein.“ Einen Tag vor dem spannungsgeladenen Duell versicherte er: „Wir haben keinen Grund uns zu verstecken. Wir wollen dieses Spiel gewinnen und so werden wir auch auftreten.“ Nach dem anstrengenden Trip nach Manaus und dem 2:2 gegen Portugal habe man gut regeneriert und „alles versucht, damit wir topfit sind“, sagte Johnson und sprach von einem „der größten und entscheidendsten Spiele für jeden von uns.“
Der Noch-Hoffenheimer und Bald-Mönchengladbacher ist nicht der einzige „Germarican“ in Jürgen Klinsmanns multikulturellem Team. Auch Jermaine Jones, John Anthony Brooks und Timothy Chandler sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber keiner von ihnen verbindet mit dem Kern der aktuellen deutschen Mannschaft so viel wie Fabian Johnson. 2009, bei der U21-EM, spielte er an der Seite von Khedira und Mesut Özil im offensiven Mittelfeld. Er sagt: „Das war eine schöne Zeit für jeden von uns“ und bestätigt, dass er seitdem noch Kontakt zu Boateng hat.
Ansonsten aber sagt Johnson nicht annähernd so viel zur deutschen Mannschaft und diesem für ihn so besonderen Spiel, wie er es wahrscheinlich könnte. Es war immer seine Hoffnung, dass es am Donnerstag in Recife um nichts mehr geht, dass beide Mannschaften dann schon so gut dastehen, „dass es auf dieses Duell nicht mehr so ankommt“. Doch erfüllt hat sich diese Hoffnung nicht, beiden Gegnern fehlt noch je ein Punkt. Und so reagierte der 26-Jährige auf wiederholte Nachfragen eher flehentlich als genervt: „Was ich der deutschen Mannschaft zutraue, ist doch nebensächlich. Ich spiele für die USA und nicht für Deutschland.“
So ist das manchmal, wenn man zwischen zwei Kulturen aufwächst: Man will keiner von beiden wehtun. Johnson wurde in München geboren, seine Mutter ist Deutsche, sein Vater ein Amerikaner, der für den FC Bayern Basketball spielte. Er selbst war als Kind Balljunge im Olympiastadion, ehe er in der Jugend für den TSV 1860 spielte und ab der U17 auch für die Auswahlteams des DFB.
Was danach passierte, ist einerseits typisch für den Weg vieler Sportler mit zwei Staatsangehörigkeiten und sagt andererseits auch viel über die Fähigkeiten von Jürgen Klinsmann aus, andere Menschen für etwas zu begeistern. Johnson wurde Bundesliga-Profi in Wolfsburg und Hoffenheim, bekam nie die Chance auf einen Einsatz im deutschen Team - und stattdessen 2011 einen Anruf aus Amerika.
„Jürgen Klinsmann hat mich gefragt, ob ich mir alles mal anschauen und ins Trainingscamp der USA kommen möchte. Das habe ich dann eine Woche lang in Los Angeles gemacht“, erzählt Johnson. „Es hat mir alles so gut gefallen, ich wurde super aufgenommen. Danach habe ich mich entschlossen, zu wechseln.“
Bereut hat er das nie. „Ich bin glücklich mit meiner Entscheidung und stehe dazu“, sagt er. Auch Klinsmann ist natürlich happy. „Dass sich Fabian für uns entschieden hat, ist ein riesiges Plus“, meint der US-Coach. „Er ist mittlerweile auf einer Qualitätsebene angekommen, die wirklich internationales Niveau hat.“
Mesut Özil wird das nicht gern hören. Er dürfte am Donnerstag der direkte Gegenspieler von Johnson sein. Vor fünf Jahren, als beide noch gemeinsam im U21-Finale gegen England standen, war Özil der beste Spieler des Spiels. Das will Johnson diesmal verhindern.