Obama lädt US-Team ein - WM-Euphorie oder kurze Affäre?

Washington (dpa) - Einladung ins Weiße Haus, Rekordquoten im Fernsehen - und was kommt jetzt? US-Coach Jürgen Klinsmann will die WM-Erfolge und die riesige Soccer-Euphorie in seiner Wahlheimat nutzen, um ein nachhaltiges Fußball-Bewusstsein in der amerikanischen Öffentlichkeit zu etablieren.

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„Die Menschen fiebern mit, die Fans fiebern mit und in den sozialen Netzwerken finden sich überall Kommentare“, erklärte Klinsmann. „Das ist gut so, und so muss es auch weitergehen.“ Erst jetzt werde sich zeigen, ob die leidenschaftliche WM-Beziehung zwischen den Klinsmännern und der gesamten Nation mehr ist als nur eine kurze Affäre, schrieb das „Wall Street Journal“.

Immerhin, die Einladung ins Weiße Haus steht. Edelfan Barack Obama war von den WM-Auftritten derart begeistert, dass er die Mannschaft spontan ins Machtzentrum an der Pennsylvania Avenue einlud. Den überragenden Keeper Tim Howard und Kapitän Clint Dempsey rief der US-Präsident sogar persönlich an. „Ihr Jungs habt uns stolz gemacht. Wie Ihr die Herzen eines ganzen Landes erobert habt, ist unglaublich“, erklärte Obama.

In dem zweiminütigen Telefonat, von dem das Weiße Haus ein Video veröffentlichte, witzelte Obama mit Howard und empfahl dem Keeper des FC Everton, sich seinen markanten Bart abzurasieren, damit ihn die vielen Fans daheim nicht sofort erkennen würden. Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte scherzhaft zu Howard, mit etwas Training könne der Torhüter eines Tages selbst Secretary of Defense werden. In Hagels Wikipedia-Eintrag tauchte sogar kurzfristig Howards Foto auf.

„Hört auf, Soccer als Randsportart mit Kult-Status zu behandeln“, forderte die „Washington Post“. „Soccer ist erwachsen geworden. Es ist an der Zeit, ihn wie einen Sport für große Jungs zu betrachten, das heißt Jürgen Klinsmann und sein Team werden und sollten wie unsere Teams aus der NFL, NBA und Major League Baseball ernst genommen werden.“ Die TV-Rekordquote von 24,7 Millionen Zuschauern für das US-Vorrundenspiel gegen Portugal lag deutlich höher als der Quotenschnitt für die Finalserie in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA (15,5 Millionen). Beim 1:2 im Achtelfinale gegen Belgien schalteten 21,6 Millionen ein.

Der „Daily Telegraph“ schlug Klinsmann sogar als nächsten Nationaltrainer Englands vor. Der Schwabe will aber erstmal sein Großprojekt in den USA vorantreiben. „Wenn man im Achtelfinale ausscheidet, bedeutet das, es gibt noch viel zu tun“, kommentierte Klinsmann, dessen Vertrag noch bis 2018 läuft. Als nächste Aufgabe steht am 3. September in Prag ein Freundschaftsspiel gegen Tschechien an.