Schumachers „Herzinfarktspiel“: WM-Halbfinale 1982
Düsseldorf (dpa) - Für Toni Schumacher war das WM-Halbfinale 1982 gegen Frankreich das „aufregendste Spiel meines Lebens“.
Der damalige Nationaltorwart war am 8. Juli vor 32 Jahren zugleich Buhmann und Held der legendären „Nacht von Sevilla“, die mit einem 5:4-Erfolg im Elfmeterschießen für die deutsche Fußball-Nationalelf endete. Dank Harald „Toni“ Schumacher, der erst für ein übles Foul an Patrick Battiston ausgebuht wurde und dann cool zwei „Elfer“ des Gegners parierte. „Ich habe ja zwei WM-Finals erlebt und Pokal- und andere Endspiele“, sagte der heute 60 Jahre alte Kölner im Interview der Nachrichtenagentur dpa. „Da waren Highlights dabei. In der Gesamtheit war es aber das emotionalste Herzinfarktspiel aller Zeiten.“
Und dabei spielte der frühere Weltklassetorhüter die Hauptrolle. In der 57. Minute stürmte Schumacher dem allein auf ihn zulaufenden Battiston entgegen und rammte ihm den Ellenbogen unter das Kinn. Der Franzose blieb bewusstlos liegen und musste mit herausgeschlagenen Zähnen und einer Gehirnerschütterung vom Platz. Schumacher aber durfte trotz des brutalen Fouls weiterspielen - und ebnete seinem Team mit den beiden gehaltenen Elfmetern den Weg ins WM-Finale.
„In all den Jahren wollten die Leute nichts über das Elfmeterschießen wissen, sondern nur etwas über Battiston. Das ist nun 32 Jahre her“, berichtete Schumacher. Und stellte klar: „Für mich und Patrick ist die Sache verarbeitet und erledigt, seitdem ich mich mit ihm ausgesprochen und entschuldigt habe. Punkt!“
Bis es zum Elfmeter-Showdown kam, lieferten sich beide Mannschaften im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán einen Fußball-Thriller. Pierre Littbarski brachte Deutschland nach 18 Minuten in Führung, Michel Platini glich per Strafstoß aus. In der Verlängerung gelang den Franzosen binnen sieben Minuten durch Marius Trésor und Alain Giresse die vermeintliche 3:1-Vorentscheidung. Doch der eingewechselte Karl-Heinz Rummenigge und Klaus Fischer mit einem spektakulären Fallrückzieher schafften das 3:3, so dass ein Elfmeterkrimi über das Weiterkommen entschied.
Nachdem Uli Stielike beim Stande von 2:3 seinen Elfmeter verschossen hatte, parierte Toni Schumacher die Schüsse von Didier Six und Maxime Bossis - und Horst Hrubesch schoss die deutsche Elf mit dem 5:4 ins Finale. „Es gibt immer mehrere Matchwinner. Wir mussten immerhin erstmal ein 1:3 aufholen“, meinte Schumacher zu seiner Rolle. „Mir haben aber Eins-zu-Eins-Situationen immer Spaß gemacht. Das waren ja nicht die einzigen Elfmeter, die ich gehalten habe.“
Auch sein Nach-Nachfolger im DFB-Tor, Manuel Neuer, habe die Klasse, bei einem Elfmeterschießen am Freitag (18.00 Uhr) im WM-Viertelfinale gegen Frankreich die spielentscheidende Figur zu werden. „Ich traue ihm zu, ein Elfmeterschießen zu entscheiden. Das liegt aber auch daran, was man vorher schon an herausragenden Leistungen in den Spielen gebracht hat“, begründete Schumacher. „Da wird das Tor für den Schützen immer kleiner, wenn dort einer steht wie Neuer, der so gut gespielt hat und sogar Torwart des WM-Turniers werden kann.“
Allerdings warnt er Neuer, der im Achtelfinale gegen Algerien mit seinen Aktionen außerhalb des Strafraums wie ein Libero agiert hat, vor zu vielen dieser riskanten Ausflüge. „Das ist das Spiel, das ich auch gerne gespielt habe“, meinte Schumacher. „Doch: Achtung Battiston! Man darf Manuel Neuer auch nicht überfordern.“
Von der Neuauflage des Klassikers gegen Frankreich verspricht er sich wie einst vor 32 Jahren jede Menge Dramatik. „Ich erwarte ein großes Spiel, aber nicht, dass die eine Mannschaft die andere abschießt“, prophezeite der 76-malige Nationalkeeper. Und: „Ich denke, es wird ein knappes Ergebnis werden.“