Raquel Rosa übersetzt für DFB-Stars: Plötzlich bekannt
Santo André (dpa) - Dieser jungen Frau hören die deutschen Nationalspieler bei den Pressekonferenzen im WM-Quartier besonders gerne zu. Raquel Rosa übersetzt bei den täglichen Runden des Deutschen Fußball-Bundes die Fragen der brasilianischen Reporter.
„Natürlich sagen meine Bekannten und Verwandten in Brasilien, wir haben Dich gesehen, oder ich bekomme aus Deutschland eine SMS“, sagte die gebürtige Brasilianerin. „Aber ich versuche, mich nicht auf das Öffentliche zu konzentrieren, weil ich meine Arbeit genauso gut machen möchte wie im Verein.“
Die aus Rio de Janeiro stammende Rosa, die im Alter von elf Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland zog und dort nach dem Abitur ohne sie blieb, arbeitete mehrere Jahre für 1899 Hoffenheim. Künftig soll sie bei Zweitligist RB Leipzig übersetzen - erstmal ist sie aber beim wichtigsten Fußball-Turnier der Welt dabei. „Ich habe versucht, nicht an die Kameras zu denken oder wer das alles sehen wird. Denn das ist die Arbeit, die ich tagtäglich im Verein seit sieben Jahren mache“, erklärte die Dolmetscherin. Fünf Sprachen spricht sie - ihr Französisch will sie aber noch verbessern.
Für die 32-Jährige ist es die erste Weltmeisterschaft, DFB-Dolmetscher Thomas Schnelker hat dagegen schon jede Menge Turniererfahrung. Sechsmal WM - „und ein paar EUROs dazwischen“, berichtete der 53-Jährige.
Im Dreiergespann übersetzen Schnelker und Rosa zusammen mit einer örtlichen Kollegin die Pressekonferenzen von Bundestrainer Joachim Löw und dessen Mannschaft. Zwei sitzen in ihren Kabinen und geben die Aussagen simultan in Englisch und Portugiesisch weiter. Raquel Rosa wird auf ihrem Platz in der ersten Reihe dazwischen geschaltet. Sie übersetzt die Fragen der einheimischen Reporter und versucht, überlange Fragen dabei auf den Punkt zu bringen. Per Mertesacker, Toni Kroos & Co. können dank ihres Auftrittes auf dem Podium entspannt und ohne Kopfhörer zuhören. Anders etwa als bei den FIFA-Pressekonferenzen am Tag vor den Spielen.
Die drei Dolmetscher im DFB-Camp sind aber nur ein kleiner Teil einer Großzahl an WM-Übersetzern. Alleine für die in den Stadien organisierten Medien-Termine sind 31 Dolmetscher im Einsatz, 14 Sprachen werden dort abgedeckt.
„Wir sind keine Turniermannschaft, die sich langsam steigern kann. Für uns Dolmetscher ist von Anfang an Finale - und die Welt hört zu“, sagte Christa Gzil, Vorsitzende der AIIC Region Deutschland. Die Association Internationale des Interprètes de Conférence (AIIC) ist der internationale Verband der Konferenzdolmetscher.
Die Leistung der Dolmetscher sei wie die von Schiedsrichtern oder Juristen zu bewerten, sagte Schnelker. „Wenn man gar nicht über sie spricht, dann war es okay.“ Besonders schwer oder leicht sei keiner beim DFB zu übersetzen, meinte Schnelker.
International sieht das aber anders aus. Dort wechseln Spieler oder Trainer auch schon mal zwischen Sprachen hin und her. „Arjen Roben zum Beispiel ist eine Herausforderung“, sagte Gzil über den viel gefragten dreimaligen WM-Torschützen. „Er antwortet im Interview abwechselnd auf Deutsch, Englisch, Niederländisch und eben Spanisch. Die Dolmetscher müssen daher flexibel sein und in Sekunden zwischen ihren Arbeitssprachen umschalten können.“