„Red Devils“: Wilmots und die neue Spielergeneration
Salvador (dpa) - Egal wann und wie das WM-Abenteuer in Brasilien für Belgiens neue Fußball-Generation endet, Marc Wilmots hat mit dem „Red Devil“-Projekt noch viel vor. Der Nationaltrainer fixierte mit dem Königlich Belgischen Fußball-Bund (KBVB) die Zusammenarbeit bis zur WM 2018 in Russland.
„Ich bin stolz, dass ich weitermachen darf. In den vergangenen zwei Jahren haben wir auf und neben dem Platz viel geleistet“, betont der 45 Jahre alte Wilmots, der den größten Teil seiner Spielerkarriere beim FC Schalke 04 verbrachte.
Insgesamt sechs Jahre spielte Wilmots beim Traditionsverein aus dem Revier. Er war Dreh- und Angelpunkt der „Eurofighter“, die dank des sensationellen UEFA-Cup-Triumphes 1997 mit Trainer Huub Stevens die Clubgeschichte prägten. Um seinen Schalkern aus der Patsche zu helfen, beendete „Willi, das Kampfschwein“, wie ihn die Fans liebevoll riefen, im März 2003 nach dem Rausschmiss von Frank Neubarth sogar seine aktive Laufbahn und betreute das Team als Interimscoach bis zum Saisonende. Zur neuen Spielzeit kam dann Jupp Heynckes, Wilmots kehrte in die Heimat zurück.
Der Kontakt nach Schalke ist nie abgebrochen, beschränkt sich im wesentlichen aber auf die seinerzeit handelnden Personen. Als der schwer an Alzheimer erkrankte Ex-Manager Rudi Assauer am 30. April in vertrauter Runde seinen 70. Geburtstag feierte, war Wilmots natürlich dabei. Obwohl er bereits mitten in der WM-Planung und -Vorbereitung steckte. „Ehrensache“, sagte Wilmots auf der Party. „Klar bin ich gekommen. Ich habe Schalke und Assauer so viel zu verdanken.“
Es sind Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, Treue und Führungsqualität, die Wilmots auszeichnen und ihn auch für den Trainerberuf qualifizieren. Sein Einstieg als Coach in der Heimat im Sommer 2004 beim VV St. Truiden missriet allerdings gründlich. Schon in Februar 2005 war wieder Schluss. Vielleicht scheiterte das Engagement auch, weil Wilmots zu der Zeit für die liberale Partei „Mouvement Réformateur“ zudem als Abgeordneter im Senat saß.
Erst im Oktober 2009 holte ihn der KBVB als Assistent für Cheftrainer Dick Advocaat. Nachdem auch dessen Nachfolger Georges Leekens im Mai 2012 sein Amt niederlegte, stieg Wilmots zunächst vorübergehend, dann endgültig zum Chef auf. Und nachdem sich die „Roten Teufel“ souverän als Gruppensieger für die WM in Brasilien qualifiziert hatten, wurde Wilmots 2013 zu Belgiens „Trainer des Jahres“ gekürt.
Dass er eine überwiegend junge und hoch veranlagte Mannschaft führen darf, hat kurioserweise mit seinem eigenen Scheitern auf dem Karriere-„Höhepunkt“ als Nationalspieler zu tun. Bei der Heim-EM 2000 schied Belgien in der Vorrunde aus - und zog wie Deutschland damals die richtigen Lehren daraus. Das gesamte Ausbildungssystem und Nachwuchskonzept kam danach auf den Prüfstand und wurde umgekrempelt.
Die Saat ging auf, die ersten Früchte werden nun geerntet. Die heutige Spielergeneration um Nacer Chadli, Eden Hazard, Romelu Lukaku, Kevin de Bruyne, Toby Alderweireld oder Torwart Thibaut Courtois profitierte schon von der neuen Förderung. In Adnan Januzaj und Divock Origi hat Wilmots gar zwei gerade erst 19 Jahre alte Stürmer in seiner WM-Auswahl. Viele Spieler wechseln als Exportschlager schon in jungen Jahren zu europäischen Top-Clubs, in denen sie sich - meist in der Premier League - durchbeißen müssen.
Wilmots findet offenbar den richtigen Draht zu seinen Spielern und scheut sich auch nicht vor unangenehmen Entscheidungen. „Einer muss Verantwortung übernehmen und entscheiden. Das ist meine Aufgabe als Trainer.“ Für seine Arbeit bekommt er viel Lob von seinem Freund und Kollegen Jürgen Klinsmann. „Er hat aus einer Reihe herausragender Talente ein starkes Team geformt. Marc ist erfolgshungrig, sehr positiv und voller Energie“, sagte der US-Coach in Salvador.
Auch die Kritiker daheim hat Wilmots mit Beharrlichkeit überzeugt. Dass jetzt einige an den Leistungen in der WM-Vorrunde schon wieder herummäkeln, versteht er nicht: „Diese neun Punkte aus drei Spielen waren nicht selbstverständlich. Für Belgien ist das ein historisches Ergebnis.“