WM-Spielpause: Wie Fans dem großen schwarzen Loch entgehen
Berlin (dpa) - Zweieinhalb Wochen Fußball, Fußball, Fußball. Nur eine kleine Pause am vergangenen Freitag, aber zum Start ins Wochenende gab es abends ja genügend andere Ablenkungen. Doch jetzt drohen Langeweile, Verdruss und das große schwarze Loch mitten in der Woche:
Zwei Tage ohne WM, zwei Tage ohne Tore, Schiri-Fehlentscheidungen und Bissattacken, die vom tristen Arbeits-, Uni- oder Schulalltag ablenken. Wie können echte Fußballanhänger Mittwoch und Donnerstag - die Tage zwischen Achtel- und Viertelfinale - überstehen? Einige Tipps, die zeigen, dass ein Leben ohne Fußball durchaus sinn- und genussvoll sein kann.
FUSSBALL GUCKEN: Okay, live ist live und Fußball aus der Konserve ist so ein bisschen wie das Nikotinpflaster für Raucher. Doch es gibt auch da noch einiges zu entdecken: Historisch interessierte könnten sich am Mittwoch die drei erfolgreichen WM-Finals von '54, '74 und '90 am Stück anschauen, um Donnerstag mit „Das Wunder von Bern“ und „Deutschland. Ein Sommermärchen“ nachzulegen. Statistik-Freaks sichten einfach nochmal alle Tore dieser WM und setzen Torabstand, Schussbein, Wetter und Platzverhältnisse in Bezug zueinander. Ein besonderer Spaß ist es auch, den Dorfverein zu googeln, in dem man selbst als Jugendlicher erfolglos gekickt hat. Bestimmt gibt es irgendwo verwackelte Netzvideos vom umjubelten Aufstieg der ersten Mannschaft von der Kreis- in die Bezirksliga.
HAUSTIERE PFLEGEN: „Was? Haustiere? Welche...? Oh je.“ Wer so reagiert, hat möglicherweise ein Problem. Also jetzt mal ran: Aquariumwasser wechseln, Meerschweinchen-Stall ausmisten, Katze ausgiebig kraulen, mit dem Hund eine Extra-Runde durch den Wald drehen. Und dann natürlich: Leckerlis, Leckerlis, Leckerlis. So kann sich Mensch wenigstens ein bisschen vom verloren gegangenen Vertrauen der treuen Begleiter zurückkaufen.
UMDEKORIEREN: Gilt vor allem für England-, Italien-, Spanien- und Portugal-Fans: Wer noch immer entsprechende Landesfähnchen rumhängen hat und weiterhin mit dem muffigen Nationaltrikot rumläuft, demonstriert zwar Charakterstärke, gibt sich möglicherweise aber auch der Lächerlichkeit preis. Gut gemeinter Rat: Weg damit auf den Dachboden oder in den Keller, zur EM 2016 sind es ja nur noch knapp zwei Jahre.
SEX HABEN: Kann man eigentlich für alles als Alternative vorschlagen: Statt fernsehen/schlafen/putzen/aufräumen, einfach mal wieder Sex haben. Aber Achtung: Vom übermäßigen Fußballkonsum vergrätzte Partner sollten zuerst milde gestimmt werden. Wie wäre es mit einem Strauß Rosen, einem schicken Abendessen oder wenigstens einer Dose Sprühsahne? Und ganz wichtig: Den Partner direkt, lange und ohne Ablenkung anschauen, nachdem man ihn zweieinhalb Wochen maximal im peripheren Gesichtsfeld jenseits des TV-Schirms wahrgenommen hat. Absolute Fußball-Fanatiker besorgen sich vor der geplanten Liebesnacht Kondome in Schwarz-Rot-Gold - dem Partner könnte das aber eventuell zu weit gehen.
VORLESEN: Da war doch was... Richtig! Kinder freuen sich zwar, wenn sie abends mal ohne elterliche Aufsicht länger spielen/fernsehen/daddeln können, aber irgendwann würden sie dann schon ganz gern mal wieder mehr als „Tor!“, „Abseits!“ und „Olé olé olé!“ von ihren Eltern hören. Also Märchen-CD aus dem Player nehmen, Spielkonsolen wegpacken und einfach mal wieder vorlesen. Das hat gleich mehrere positive Aspekte: Vorlesen fördert das Lesenlernen der Kinder, wie die Stiftung Lesen betont, es stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kindern und es bringt uns Fußballfans mal wieder ein bisschen runter.
KULTUR: Theatermacher dürften aufatmen: Endlich ist das Haus mal wieder rappelvoll, und das kurz vor der Sommerpause. Die Auswahl ist groß, um mal von Elfmeterkrimis und Abseitsdiskussionen abzuschalten und den Kopf mit anderen Dingen zu füllen. Einige Beispiele: Im Münchner Volkstheater läuft „Der große Gatsby“, das Berliner Ensemble bringt Bertolt Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“, im Thalia Theater in Hamburg philosophieren „Die Brüder Karamasow“. Aber Vorsicht: Die Schwarz-Rot-Gold-Blumenkette, die Vuvuzela und die Deutschlandschminke sollte man eher zu Hause lassen.
SICH SELBST MAL WIEDER BEWEGEN: Vom vielen Fernsehgucken sind die Fans total eingerostet, die Biere und Würstchen auf der Fanmeile haben ihre Spuren hinterlassen. Denn eins ist klar: Beim Passivsport werden wenig Kalorien verbrannt. Damit das Trikot zum Finale nicht mehr so bedenklich spannt, wäre die Fußballpause eine gute Gelegenheit, mal wieder selbst aktiv zu werden. Es muss ja auch nicht unbedingt Fußball sein.